Die Zahl der Personen, die der Gottesgemeinschaft angehören, ist schon seit Langem rückläufig. Pastoren werben um junge Leute.

Kreis Pinneberg. Die Katholiken suchen ein neues Oberhaupt - und die evangelischen Christen ihre Mitglieder. Die Zahl der Personen, die der Gottesgemeinschaft angehören, ist seit Langem rückläufig. Im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, dem weite Teile des Kreises Pinneberg angehören, ist gerade mal jeder dritte Einwohner Kirchenmitglied. Im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf, der den Norden des Kreises abdeckt, zahlt immerhin noch jeder zweite Einwohner Kirchensteuer.

In Klein Nordende, das zum Rantzauer Kirchenkreis gehört, sind 1400 von 3050 Einwohnern Mitglied der Bugenhagen-Kirchengemeinde. Das entspricht einem Anteil von knapp 43 Prozent. Die Gemeinde, die auch für den südlichen Teil Elmshorns zuständig ist, gewinnt derzeit neue Gläubige dazu. Ein Verdienst von Pastor Lars Därmann, der am 1. Dezember 2012 die lange Zeit vakante Seelsorgestelle übernommen hat. Der 40-jährige gibt sich allerdings keinen Illusionen hin. "Es ist normal, dass die Zahlen ansteigen, wenn ein neuer Pastor kommt."

Damit dieser Effekt nicht wieder verpufft, setzt Därmann verstärkt auf den Nachwuchs. "Der klassische Sonntagsgottesdienst wird überwiegend von älteren Menschen besucht. Die haben wir sicher. Wir müssen aber mehr Jugendarbeit machen, um auch diese Zielgruppe zu binden."

Der 40-Jährige fängt dabei bei den ganz Kleinen an. Alle zwei Wochen verbringt er einen Vormittag im Kindergarten seiner Kirchengemeinde, dem 35 Steppkes angehören. Singen, Beten, Vorlesen steht dann auf dem Stundenplan. Und auch die Konfirmanden will Därmann "mehr packen", wie er sagt. "Ich lasse die Konfirmanden einen Gottesdienst alleine gestalten, sage ihnen: 'Das ist euer Gottesdienst, macht etwas draus'". Das sei bei den normalen Gottesdienstbesuchern gut angekommen. "Die waren beeindruckt davon, was die Konfirmanden daraus machen."

Zielgruppengottesdienste - für Därmann eine Möglichkeit, neue Potenziale zu erschließen. "Aber das muss passen. Ich werde keine Männer- und Motorradgottesdienste in Klein Nordende anbieten." Er wünsche sich, "dass die Leute aus dem Gottesdienst kommen und sagen, 'Das war so toll, da muss ich wieder hin'."

Dank der großen ehrenamtlichen Unterstützung aus der Gemeinde habe er viele Freiräume, sagt Därmann. So könne er frei von vielerlei Bürokratismus "für die Menschen da sein, präsent sein, ansprechbar sein." Alles Eigenschaften, die Thomas Drope, Propst des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein, für unverzichtbar hält. "Es ist für uns wichtig, so oft wie möglich raus zu gehen, dicht an den Menschen zu sein und für Gespräche zur Verfügung zu stehen. Kirche lebt von Kontakt."

2007, als der alte Kirchenkreis Pinneberg noch existierte, zählte er 62.674 Mitglieder bei einer Bevölkerung von 142.578 Personen. Das entspricht einem Anteil von damals 43,96 Prozent. In den Gemeinden, die damals zum Kirchenkreis Pinneberg gehörten, lebten fünf Jahre später 143.980 Menschen. Von ihnen waren 55.993 Mitglied der evangelischen Kirche, was 38,9 Prozent ausmacht. Im gesamten Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein betrug 2012 der Anteil der Gemeindeglieder an der Wohnbevölkerung 33.38 Prozent.

"Ich bin mit dieser Entwicklung nicht zufrieden, das schmerzt mich auch", sagt Drope. Und er fügt hinzu: "Wenn alle, die getauft sind, noch in der Kirche wären, dann hätten wir heute doppelt so viele Mitglieder." Ein Geheimrezept, Abtrünnige zurückzugewinnen und neue Mitglieder anzuwerben, hat der Propst nicht. Kirche müsse sich immer wieder anbieten, sagt er. "Wir müssen stärker deutlich machen, wofür Kirche steht und welche Leistungen wir bringen."

Dem stimmt sein Kollege Thomas Bergemann, Propst im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf, voll zu. "Wir müssen zunehmend offensiv werden und unsere Angebote an die Menschen herantragen." Alles in allem, so findet Bergemann, steht sein Kirchenkreis mit einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von aktuell 53,5 Prozent vergleichsweise gut da. Bergemann: "Wir können uns weiter Volkskirche nennen."

Der Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf hat 107.997 Mitglieder, die aus den Kreisen Pinneberg und Steinburg stammen. Die aktuellste Statistik weist für 2011 insgesamt 884 Taufen und 149 Neueintritte aus. Dem stehen 919 Austritte und 1217 Bestattungen gegenüber. Setzt sich dieser Trend fort, unterschreitet der Kirchenkreis 2018 die Grenze von 100.000 Mitgliedern.

Auf die Kirchensteuereinnahmen wirken sich die sinkenden Mitgliederzahlen übrigens nicht aus. Der Haushalt des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf beträgt 2013 insgesamt elf Millionen Euro. Vor zehn Jahren sah das anders aus. Damals lag das verfügbare Budget bei acht Millionen Euro. Ähnlich sieht die finanzielle Lage im deutlich größeren Nachbarkirchenkreis aus. In Hamburg-West/Südholstein stehen in diesem Jahr 26,7 Millionen Euro im Gesamthaushalt. 2007 lag dieser Wert noch bei 24,1 Millionen Euro.