Landeschef Torsten Albig, seine Minister und Staatssekretäre besuchten im Anschluss viele Institutionen im Kreis

Kreis Pinneberg . Ausgerechnet Pinnebergs Landrat Oliver Stolz fehlte, als am Dienstag erstmals das gesamte Kieler Kabinett in der Kreisstadt Pinneberg tagte. Eine Grippe setzte den Landrat außer Gefecht. Dabei wurden im ersten Stock der Drostei eine Stunde lang Schleswig-Holsteins Regierungsgeschäfte getätigt. Unter Leitung des Ministerpräsidenten Torsten Albig beschäftigte man sich mit Etatfragen und einer neuen Beratungsstelle für betriebliche Kinderbetreuung. Helgoland stand auch auf der Tagesordnung: "Wir haben gehört, dass es mit den Planungen für den Offshore-Hafen vorangeht", sagte Albig bei der Pressekonferenz.

Und dann ging es natürlich um den Kreis Pinneberg. Stolz hatte den Ministern den Kreis und seine Probleme vorstellen wollen. Das übernahmen nun Vize-Landrat Lutz Degener und Fachbereichsleiter Heiko Willmann. Sie machten deutlich, dass der Kreis aufgrund der hohen Ausgaben im Sozialbereich in Finanznot geraten sei und Konsolidierungshilfen des Landes benötige. In der Metropolregion Hamburg müsse man für Soziales mehr Geld ausgeben als im Norden des Landes. Sie baten das Kabinett, diesen Punkt bei der anstehenden Reform des kommunalen Finanzausgleichs zu berücksichtigen. Und sie baten um Hilfe bei den großen Investitionen der kommenden Jahre: Neubau der Kreisfeuerwehrzentrale und der Pinneberger Berufsschule. Albig: "Das nehmen wir mit nach Kiel."

Alle Kabinettsmitglieder lernten im Anschluss den Kreis, seine Einrichtungen und Firmen kennen. Ministerpräsident Albig besuchte mit der Hellermann Tyton GmbH in Tornesch ein Großunternehmen mit 600 Arbeitsplätzen. "Ich freue mich, dass dieses hoch innovative Unternehmen als Weltmarktführer in seiner Branche in Schleswig-Holstein seinen Sitz hat", so Albig. Hellermann Tyton fertigt Kabelbinder und ist seit 12 Jahren in Tornesch ansässig. Seitdem hat die Firma ihre Mitarbeiterzahl verdreifacht.

Mit stark steigenden Fallzahlen und zuletzt 630 Anfragen jährlich hat der Wendepunkt, die kreisweite Anlaufstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs, zu kämpfen. Leiterin Ingrid Kohlschmitt erläuterte Albig, dass ihre Institution inzwischen ein sehr breites Tätigkeitsfeld anbietet und auch in der Täterarbeit aktiv ist. "Ich bin beeindruckt von der hier geleisteten Arbeit", so Albig weiter. Der Wendepunkt verstehe Täter- gleichzeitig als Opferschutz, in dem er Tätern zu einem gewaltfreien Leben in der Gesellschaft verhelfe und so weitere Übergriffe verhindere.

Frank Nägele, Staatssekretär im Kieler Verkehrsministerium, machte sich in Wedel ein Bild von der Verkehrssituation in der Altstadt. "Ich konnte sofort nachvollziehen, welchen Belastungen die Anwohner der Mühlenstraße ausgesetzt sind", sagte er. Mehrere Bürgerinitiativen fordern seit Jahrzehnten eine Ortsumfahrung. Hoffnungen darauf, dass es mit den Planungen schnell vorangeht, konnte Nägele den Betroffenen nicht machen. Jedoch versprach er Bürgermeister Niels Schmidt, dass die Forderungen nach einer Verkehrsberuhigung der B 431 zum Beispiel durch Einführung einer Tempo-30-Zone mehr Gehör finden werden. Bislang lehnt die Obere Straßenverkehrsbehörde das Ansinnen ab. Auch in Sachen Nordumfahrung brachte der Staatssekretär gute Nachrichten mit. Das Verkehrsprojekt wird als vordringliche Maßnahme für den neuen Bundesverkehrswegeplan, der von 2016 an gelten soll, angemeldet. Er sieht eine Verwirklichung frühestens 2021.

Derweil ließ sich Anke Spoorendonk, Ministerin für Kultur, Justiz und Europa, im Gemeindezentrum am Clara-Bartram-Weg von Aktivitäten und religiösem Leben in der Jüdischen Gemeinde berichten. Mit annähernd 260 Mitgliedern ist Pinneberg die größte Jüdische Gemeinde in Schleswig-Holstein. "Ich bin sehr beeindruckt", sagte die Politikerin, nachdem ihr der Vorsitzende der Gemeinde, Wolfgang Seibert, erläutertet hatte, mit wie viel Eigenleistung das Gemeindehaus am Pinnauufer um- und ausgebaut worden ist.

Sozialministerin Kristin Alheit war bei der Wirtschaftsakademie in Elmshorn zu Gast, um sich dort über das Projekt "Power" zu informieren. Hierbei handelt es sich um ein Integrationsprojekt für Alleinerziehende und Menschen, die in den Beruf zurückkehren möchten. "Für Alleinerziehende ist es oft schwer, zu normalen Arbeitszeiten zu arbeiten, weil ihre Kinder betreut werden müssen", sagte Projektleiterin Daniela Kaufmann. Ministerin Alheit sagte, hier müsse man ansetzen. "Die Arbeitszeiten müssen gerade im sozialen Bereich flexibler werden."