Förderverein soll das Kulturzentrum in der Paasch-Halle realisieren. Die Historische Kochschule und das Hotel stehen zum Verkauf.

Pinneberg. Die Zeiten, in denen Herman Wupperman wirkte, stehen für ein goldenes Zeitalter der Stadt Pinneberg. Und sind lange, lange vorüber. Zum Erbe des Industriellen (1852- 1897), dem an der Hermanstraße ein Denkmal gesetzt wurde, gehören die 1891 auf seine Initiative gebaute Turnhalle an der Lindenstraße und die "Wuppermansche Kochschule" (Baujahr 1887) an der Ecke Moltkestraße/Drosteipark. Die beiden historischen Gebäude stehen offiziell nicht unter Denkmalschutz, sind nach Meinung von Lokalhistoriker Johannes Seifert aber "auf alle Fälle erhaltenswert". "Die Turnhalle und die Kochschule sind Zeugnisse für die Stadtentwicklung und die Industrialisierung Pinnebergs", sagt der Autor mehrerer Bücher über die Vergangenheit der Kreisstadt.

Zumindest was die Ernst-Paasch-Halle angeht, kann laut Verwaltung und Politikern derzeit ausgeschlossen werden, dass sie das Schicksal der Bauernmühle teilt. Das wohl älteste Gebäudeensemble der Stadt an der Mühlenstraße war, obwohl denkmalgeschützt, vor einigen Jahren abgerissen worden, um an gleicher Stelle eine Seniorenresidenz zu bauen. "Es ist nichts davon zu spüren, dass jemand Interesse daran hat, die Halle wegzuputzen", sagt der SPD-Vorsitzende Herbert Hoffmann. Der Stadtpolitiker gehört zu jenen, die sich dafür einsetzen, aus der Ernst-Paasch-Halle ein städtisches Kulturzentrum zu machen. Ein sogenanntes Interessenbekundungsverfahren, das dazu dienen sollte, einen gewerblichen Betreiber für das Kulturzentrum zu finden, war Ende vorigen Jahres gescheitert. Niemand wollte das Schätzchen haben: an der historischen Turnhalle hat kräftig der Zahn der Zeit genagt. Es gibt einen Sanierungsstau. Im Vorjahr war von einer fünfstelligen Summe an Sanierungskosten die Rede gewesen. Mittlerweile geht es im ersten Schritt im Kosten für unbedingt erforderliche Brandschutzmaßnahmen in Höhe von mehreren Zehntausend Euro. Dank der neuen, vor kurzem eröffneten Großsporthalle an der Brahms-Schule wird die Ernst-Paasch-Halle mit ihrer auffallenden Backsteinfassade nicht mehr für den Schul- und Vereinssport benötigt.

Jüngst trafen sich Vertreter von Theatervereinen, des Vereins Summer Jazz, der Musikschule, Jugendzentrum, Verwaltung und Stadtmarketing, um über ein Nutzungskonzept zu beraten. Dieses sieht vor, dass sich ein Förderverein bildet. Es gibt vielfache Wünsche, die Halle für Theateraufführungen, Konzerte, Lesungen und als Musikübungsraum zu nutzen - "die Frage der Finanzierung aber ist noch offen", sagt SPD-Politiker Hoffmann.

Wie Kulturamtschefin Traudchen Perrefort sagt, sollen alle künftigen Nutzer zunächst auflisten, was sie veranstalten könnten und welche technischen Voraussetzungen dafür notwendig sind. "Danach ermitteln wir die Höhe der Kosten", so die Fachbereichsleiterin. "Ich bin zuversichtlich, weil wir alle an einem Strang ziehen."

Historiker Seifert ist weniger optimistisch. "Ich bin eher skeptisch." Was Seifert in Pinneberg fehlt, ist eine Erhaltungssatzung, wie sie die GAL schon vor vielen Jahren gefordert habe. Unter diese Satzung könnte zum Beispiel der Gebäudekomplex mit Hotel und Restaurant im Quartier an der Koppelstraße fallen. Als "gut laufendes Hotel in der Innenstadt" wird die Immobilie für 1,07 Millionen Euro zum Verkauf angeboten. "Es ist sicher kein Denkmal, ziemlich verbaut, aber schon ein Stück Geschichte. Früher tagte dort die politische Linke, später waren Kriegsgefangene untergebracht", sagt Seifert. "Das Quartier ist furchtbar zugerichtet."

Die ehemalige Kochschule will offenbar niemand haben. Das Restaurant in dem mehr als 125 Jahre alten Gebäude im Schatten der Hochhäuser am Drosteipark ist seit langer Zeit geschlossen. Fabrikbesitzer Wupperman hatte im 19. Jahrhundert verschiedene soziale Einrichtungen für die Fabrikarbeiter und deren Familien gegründet. Vor zwei Jahren hatte ein Immobilienmakler das Gebäude für 450.000 Euro im Internet angeboten. Und verkündet, an dieser Stelle sei ein sechsstöckiger Neubau möglich. Das hatte die Stadtverwaltung dementiert. Inzwischen steht das Angebot für das "architektonisch auffällige und sehr stilvoll erhaltene Haus" bei 349.000 Euro. Im Angebot hieß es zuletzt, bauliche Veränderungen oder ein Neubau seien möglich.