Eine Stadtfahrt mit Ralph Klingel-Domdey

"Bleib' bloß ruhig", sagt meine Tochter auf dem Beifahrersitz, als ich mich auf dem Weg zum Bahnhof wortgewaltig über eine Dränglerin hinter uns aufrege. Die Audi-Fahrerin rückt mir nicht nur zu sehr auf die Pelle, sie gibt mir auch durch Betätigen der Lichthupe zu verstehen, ich sei zu langsam unterwegs. Was sie nicht darf, weil wir mitten im Ort unterwegs sind. Und was mich nervt, weil ich mit 55 Sachen sowieso schon das Tempolimit überschritten habe.

Die Dame ist offensichtlich einer dieser Härtefälle, die in jüngster Zeit häufiger durch aggressives Verhalten im Straßenverkehr auf sich aufmerksam machen. Sie macht es mir nicht leicht, kühlen Kopf zu bewahren. Als sich das Anfahren an der nächsten Ampel verzögert, weil ein Fahrschüler vor mir den Motor abwürgt, beginnt die Frau sekundenschnell mit einem Hupkonzert. Über den Rückspiegel blicke ich in ihr grimmiges Gesicht.

Da ich mein Auto nach vorn nicht bewegen kann, geht das nervige Gehupe der Dame jetzt nach hinten los. Ich muss schnell meinen Adrenalin-Pegel senken, steige aus dem Auto aus. "Keep cool", ruft mein Kind noch hinter mir her, als ich zu dem Audi gehe, mich am Fenster herunterbeuge und (relativ) gelassen ein paar Worte an die Dame richte. Die guckt plötzlich viel freundlicher drein, gestikuliert sogar versöhnlich, als ich wieder hinter meinem Lenkrad Platz nehme. "Was hast Du denn zu ihr gesagt?", will meine Tochter wissen. Ganz einfach: "Helfen Sie doch bitte dem Fahrschüler da vorn, die Kreuzung freizubekommen. Ich drücke auch solange ihre Hupe für sie."