Rothgänger ist einer von 27 Mentoren, die seit drei Jahren einen Teil ihrer Freizeit mit Kindern in Quickborn und Umgebung verbringen.

Quickborn/Kummerfeld. Freitag ist für Peter Rothgänger immer Leon-Zeit. Da holt der selbstständige Fotograf aus Kummerfeld den acht Jahre alten Leon jede Woche von der Grundschule in Quickborn ab. "Ich muss nur pünktlich sein. Das ist Leon sehr wichtig", sagt Rothgänger. Ein-, zweimal habe er sich anfangs verspätet, erinnert sich Rothgänger. Da habe Leon gelästert: "Ah, Peter kommt später." Seitdem fahre er lieber etwas früher von seinem Büro in Hamburg los und warte ein paar Minuten auf seinen Schützling. "Auch ich lerne von ihm. Mit Leon ist alles ein Kinderspiel."

Rothgänger ist einer von 27 Mentoren, die seit drei Jahren im Auftrag des Rotary-Clubs einen Teil ihrer Freizeit mit Kindern in Quickborn und Umgebung verbringen. Jeweils ein Erwachsener wird einem der sechs bis 16 Jahre alten Kinder zugeteilt. Diese Aufgabe nimmt Ingetraud Schröder wahr, ehemalige Leiterin der Erich-Kästner-Hauptschule in Quickborn. Sie besuche die Eltern der zu betreuenden Kinder und die Mentoren zu Hause und versuche herauszufinden, wer am besten zueinander passt, berichtet die 69-Jährige. "In drei Jahren hat es nur einmal nicht geklappt." Alle sechs Wochen träfen sich die Mentoren zum Gedankenaustausch, die mindestens einmal die Woche mit ihren Schützlingen zusammenkommen müssten.

Rothgänger verbringt seit April vergangenen Jahres einen Teil seiner Freizeit mit Leon. Die Treffen spielten sich nach einem bestimmten Muster ab, erzählt der Mentor. Meist fahre er mit seinem kleinen Freund zunächst zu sich nach Hause. Sie kochten und äßen zusammen und dann werde etwas unternommen. Das müsse nichts Spektakuläres sein. "Wir machen ganz gewöhnliche ungewöhnliche Sachen", sagt Rothgänger. Sie fahren an Elbe, Alster, nach Planten und Blomen oder in den Volkspark. Da könne Leon nach Lust und Laune draußen toben, spielen, klettern. "Leon liebt die Natur für sein Leben gern." Sie gingen auch schwimmen, ließen Drachen steigen oder mähten gemeinsam Rasen. Leon koche auch gern.

Leon ist hyperaktiv, hat das ADHS-Syndrom. In der Schule konnte er nicht still sitzen, bekam plötzlich Tobsuchtsanfälle, war nicht zu bändigen, lief einfach raus. Es schien, als sei er ein schwieriger Fall. Der Tod seiner Schwester habe ihn aus der Bahn geworfen, erzählt seine Mutter.

Leon wiederholt derzeit die erste Klasse. Sie und ihr Mann hätten sich nicht so gut um ihn kümmern können, erzählt Ina Babl. Sie arbeitet im Schichtwechsel in einem Imbiss. Ihr Mann sei als Kraftfahrer viel unterwegs. Dabei verbinde Leon mit seiner Mutter ein sehr inniges Verhältnis, sagt Rothgänger. "Bei jedem Abschied und Wiedersehen umarmen und küssen sie sich. Das ist schon beneidenswert." Peter Rothgänger geht sehr konsequent mit seinem Schützling um. "Nein heißt nein", sagt er. "Leon darf alles anfassen, er muss nur vorher fragen", beschreibt Rothgänger die wenigen Regeln ihres Zusammenseins. Oft übe er spielerisch mit Leon. Sie rechnen beim Autofahren bis 1000, lesen zusammen, nutzen Lernprogramme am Computer.

"Er hat durch meine Unterstützung gelernt, die Schuhe zuzubinden. Auch die Uhr kennt er inzwischen", sagt der Mentor. "Vorher habe ich allerdings seine Mutter gefragt, ob es ihr recht ist." Alles kein Problem. Mutter Ina Babl ist glücklich mit der Entwicklung ihres jüngsten Kindes. "Leon hat sich von Grund auf geändert. Es tut ihm so gut, dass eine Person nur für ihn da ist." Leon sei viel gelassener geworden, hat auch Rothgänger festgestellt. Wohl wissend, dass Leon nicht zu den geduldigsten Zeitgenossen zählt. "Aber er saugt alles auf wie ein Schwamm. Er ist so wissbegierig." In der Schule ist Leon fast unauffällig geworden. Und was denkt Leon über Peter Rothgänger? "Peter ist mein Freund." Sagt's und rennt sofort wieder in die Spielecke.