Bank-Geheimnis: 39 Jahre lang hat Polizist Hans Gebert in der Wache am Kiebitzweg gearbeitet. Jetzt geht er in Pension

Schenefeld. Hans Gebert ist ein Sammler und Jäger. Privat liebt er es, alte Schätzchen aufzupolieren und ordentlich sortiert bei sich zu Hause auszustellen. Beruflich setzte der Polizist jahrelang Dieben, Einbrechern und anderen Ganoven hinterher. Doch damit ist jetzt Schluss. Nach 43 Dienstjahren verabschiedet sich der Schenefelder in den Ruhestand. In der Wache am Kiebitzweg werden ihn die Kollegen vermissen. Hier gehört er beinahe zum Inventar. Seit 39 Jahren arbeitet der 60-Jährige als Polizist in Schenefeld. Auf so viele Jahre brachte es vor ihm keiner, und es wird ihm wohl auch keiner so schnell nachmachen.

Im Unterschied zu vielen Polizisten, die mittlerweile sogar in Afghanistan ihren Dienst versehen, hat es Gebert nie fortgezogen. In Schenefeld ist er geboren, in Schenefeld hat er fast sein ganzes Arbeitsleben verbracht und von der Wache hat er es nicht weit bis zu seinem Zuhause, das nur ein paar hundert Meter entfernt liegt. "Ich habe mich aus eigenem Antrieb nach der Ausbildung hierher beworben", sagt Gebert. Es gab damals noch die Residenzpflicht. Sprich: Gebert musste auch an seinem Einsatzort leben.

Gestört hat ihn das nie. Auch nicht, dass er trotz seiner langen Erfahrung den Chefposten an der Wache nicht übernehmen konnte. Ihm fehlt das geforderte Studium. Nachholen wollte er es nicht. Lernen war nicht sein Ding.

Im Alter von 16 Jahren hatte Gebert ein Zeitungsinserat gelesen. Das Land Schleswig-Holstein suchte Polizisten. Gebert versuchte sein Glück. Auf einem Mofa düste er bis nach Eutin zur Prüfung. Dort musste er sich sportlich beweisen. Gebert erinnert sich, wie er für die Prüfung einen Bocksprung über ein Holzpferd machen sollte. Sein erster Versuch scheiterte kläglich. "Ich bin dagegen gelaufen", sagt Gebert. "In Schenefeld gab es damals keine Sporthalle. Ich hatte nie Turnunterricht."

Am Ende meisterte er alle Prüfungen, absolvierte die Ausbildung, ging zur Bereitschaftspolizei und wurde als Wachtmeister eingestellt. 1974 begann er seine Karriere in Schenefeld unter dem damaligen Dienststellenleiter Hans-Otto Freese. Bis zum Stellvertreter arbeitete sich Gebert hoch.

Sein Spezialgebiet? "Schenefeld." Hier hat Gebert irgendwie schon alles einmal gemacht. Er kämpfte gegen illegale Angler, bis am Teich niemand mehr im Trüben fischte. Er jagte Jugendliche auf frisierten Mofas, bis sie einen Bogen um die Stadt machten. Er setzte einer Videothek, die illegale Videokassetten mit pornografischem Inhalt vertrieb, so lange zu, bis der Laden schloss. Er kontrollierte sogar Eiswagen, obwohl das eigentlich die Aufgabe des Veterinäramtes war und ist.

"Ich habe immer versucht, etwas Neues zu machen, einen Bereich abzudecken, der in Schenefeld vernachlässigt war. Dann war alles sauber und ich musste mich nach etwas anderem umsehen", sagt Gebert.

Ist ihm Schenefeld in 39 Jahren nicht doch einmal zu klein geworden? "Man hat immer mal ein Tief und denkt, man haut in den Sack", sagt Gebert. "Aber dann waren da die Kollegen, das gute Team und die Momente, die den Beruf so liebenswert machen.". Wenn eine Frau sich bedankt, weil man einen Dieb erwischt hat. Wenn eine entflohene Pferdeherde die Stadt unsicher macht, und es Gebert und seinen Kollegen gelingt, sie vor dem Rathaus publikumswirksam wieder einzufangen. Außerdem habe es viele Vorteile gehabt, Schenefeld so genau zu kennen. "Vertrauen baut sich mit den Jahren auf", sagt Gebert auch mit Blick auf seine Arbeit an den Schulen.

Hans Gebert ist akkurat, ein Mann der alten Schule. Jemand, der Frauen die Tür aufhält und Gesprächspartner bis zum Ausgang begleitet. Im ersten Stock der Schenefelder Polizeiwache am Kiebitzweg trägt er den Spitznamen Gandalf der Weiße in Anlehnung an Tolkiens "Der Herr der Ringe." Mit seinen Kollegen sitzt der Ermittler seit Jahrzehnten Tür an Tür. Dazwischen steht die in die Jahre gekommene so genannte Arme-Sünder-Bank. Auf ihr nimmt Platz, wer zum Verhör ins Zimmer von Gebert muss. Das ist bereits geräumt. Bald soll hier sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin einziehen.

Hans Gebert ist Polizist mit Leib und Seele.

Gebert hat sich für den Ruhestand viel vorgenommen. In diesem Jahr soll es mit seiner Frau nach Wien und Südfrankreich gehen. Der Schenefelder ist Eigentümer eines Hauses aus dem Jahr 1845. Da gibt es immer was zu tun.