Tarifverhandlungen sind ins Stocken geraten. Arbeitgeber wollen Einschnitte durchsetzen und bieten nur 3,45 Prozent.

Kreis Pinneberg. Es gärt in den Backstuben im Kreis Pinneberg. Der Grund ist ein Tarifstreit. Während die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) für die Beschäftigten in den Bäckereibetrieben sechs Prozent mehr Lohn fordert, bieten die Arbeitgeber lediglich 3,45 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren an. Zudem fordern sie Einschnitte bei den Zuschlägen für Sonn- und Feiertage.

Heute findet die dritte Verhandlungsrunde in Bad Bramstedt statt. "Unser Ziel ist es, zu einem Abschluss zu kommen", sagt Heinz Esser, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes mit Sitz in Rellingen. Aber er sagt auch: "Die Forderung der Gewerkschaft ist indiskutabel." Esser wünscht sich einen Abschluss mit Fingerspitzengefühl. "Wir müssen unsere Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten und wettbewerbsfähig bleiben."

Für ihn komme nur eine Paketlösung in Frage. "Eine Kürzung bei den Zuschlägen plus eine Neuregelung der Urlaubstage gegen eine moderate Lohnerhöhung." Um das Ziel zu erreichen, haben die Arbeitgeber den Manteltarifvertrag gekündigt. Er läuft Ende Februar aus. Der Lohn- und Gehaltstarifvertrag lief zum September 2012 aus.

"Wir wollen keine kleinen Brötchen mehr backen", sagt Christa Theinert, die für den Kreis Pinneberg zuständige Gewerkschaftssekretärin. Sie beklagt, dass es in den Backstuben und hinter den Verkaufstresen Mitarbeiter gibt, deren Stundenlohn unterhalb von 8,50 Euro liegt. "Wir fordern, dass keiner weniger als diese Summe pro Stunde bekommt." Die ebenfalls eingeforderte sechsprozentige Lohnerhöhung würde für einen Gesellen ein monatliches Plus von 130 Euro, für eine Verkäuferin 120 Euro mehr im Monat bedeuten.

Käme es dagegen zu einer Kürzung der Zuschläge für die Nachtarbeit sowie die Dienste an Sonn- und Feiertagen, würden die Mitarbeiter durchschnittlich 30 bis 50 Euro pro Monat weniger verdienen. Die von Arbeitgeberseite angebotene Gehaltserhöhung würde diese Verluste kaum ausgleichen. Theinert: "Auf der einen Seite will man was geben, es auf der anderen Seite wieder wegnehmen. Das geht nicht." Auch eine Kürzung des Urlaubsanspruchs komme nicht in Frage. Theinert bezeichnet die Fronten als verhärtet und rechnet nicht mit einer schnellen Verhandlungslösung. "Wir werden uns Aktionen einfallen lassen, um Druck auf die Arbeitgeber auszuüben." So seien zentrale Protestkundgebungen oder Flugblattaktionen denkbar. Größere Streikmaßnahmen, die Auswirkungen auf die Kunden haben, solle es zunächst nicht geben.

"Es muss eine Lohnerhöhung geben. Wir wollen schließlich gute Leute kriegen, und die müssen wir auch gut bezahlen", sagt Jörn Dwenger, Chef der gleichnamigen Pinneberger Bäckereikette und Obermeister für den Kreis. Er zahle seine Mitarbeiter nach Tarif. "Aber ist gibt natürlich auch Angestellte, die mehr verdienen." Dwenger beklagt die zunehmende Konkurrenz von Billiganbietern, die industriell vorgefertigte Rohlinge aufwärmen. Gerade bei Discountern oder Tankstellen sei dies inzwischen gang und gäbe. Dwenger: "Es besteht ein Überangebot, und das merken wir Bäcker schon, was unseren Umsatz angeht. Schließlich kann man nur einmal frühstücken."

Weil die Billiganbieter nicht als Handwerksbetriebe gelten, fallen diese auch nicht unter den Tarifvertrag und könnten daher andere Preise anbieten. Die Konkurrenz durch Backstationen, aber auch gestiegene Rohstoffpreise beklagt Rainer Kolls, Chef der gleichnamigen Quickborner Bäckereikette mit 120 Mitarbeitern. "Der Einkaufspreis für Mehl ist im September um 40 Prozent gestiegen, auch die Preise für Butter und Zucker liegen auf hohem Niveau." Hinzu kämen steigende Energiepreise. "Allein die Umlage für Erneuerbare Energien verteuert den Strompreis um zehn Prozent." Im Gegensatz zu den Großbäckereien wie Harry in Schenefeld, wo vielfach Maschinen zum Einsatz kommen, sei im Bäckerhandwerk Herstellen und Verkaufen größtenteils Handarbeit. Kolls: "Daher entfallen allein 40 bis 50 Prozent unserer Kosten auf die Löhne. Unsere Mitarbeiter sollen und müssen mehr verdienen. Aber wir können auch nur das verteilen, was verdient werden kann." Daher seien Kürzungen etwa bei Zuschlägen oder Urlaub unvermeidbar.