Interview mit Burkhard E. Tiemann über sein Fahrverbot, die Weber-Ausstellung in der Drostei und seine Ambitionen, Kreispräsident zu bleiben

Seit zehn Jahren ist Burkhard E. Tiemann, CDU, Präsident des Pinneberger Kreistages. Sollte der 67 Jahre alte Kummerfelder nach der Kommunalwahl am 26. Mai wiedergewählt werden, könnte er Otto Stummer, CDU, einholen, der von 1974 bis 1989 im Amt war.

Hamburger Abendblatt:

Stimmt es, Herr Tiemann, dass Sie im vorigen Jahr einige Zeit zu Fuß laufen mussten?

Burkhard E. Tiemann:

Ja und nein. Im letzten Sommer hatte ich einen Monat Fahrverbot. Zu Fuß laufen musste ich dennoch nicht, weil es exakt in die Zeit meiner Hüftoperation und der anschließenden Reha-Maßnahme fiel.

Wie konnte das passieren?

Tiemann:

Ein Video-Fahrzeug der Polizei hat mich gefilmt, als ich kilometerweit hinter einem notorischen Linksfahrer herzuckelte. Ich habe weder geblinkt oder die Lichthupe betätigt, noch habe ich ihn bedrängt oder gefährdet, aber den vorgeschriebenen Abstand - halber Tachowert - habe ich eben deutlich unterschritten.

Haben Sie jetzt Ihren Fahrstil verändert?

Tiemann:

Ja, natürlich. Ich glaube, jeder Vielfahrer kann aber bestätigen, dass es schwierig ist, bei Tempo 100 einen Abstand von einem halben Fußballfeld einzuhalten. Fast immer scheren andere Fahrzeuge aus und setzen sich in die Lücke, so dass man fast mehr bremst als Gas gibt.

Sie sagten ja mal, dass Sie als Kreispräsident rund 1000 offizielle Termine für den Kreis Pinneberg besuchen. Ist das Arbeitspensum noch immer so groß?

Tiemann:

Das war zu Beginn meiner Amtszeit, als ich noch fast jede Einladung angenommen hatte, um das Geschäft erst mal kennen zu lernen. Heute sind es noch 300 bis 400 offizielle Termine und etwa 200 Sitzungen und Gesprächstermine im Jahr.

Nach der Kommunalwahl am 26. Mai würden Sie gern Kreispräsident bleiben, haben Sie jüngst gesagt. Warum?

Tiemann:

Was kann es Schöneres geben, als neben dem Beruf, den ich auch mit bald 68 Jahren noch weiter ausüben werde, sich auch in einem Ehrenamt für das Gemeinwohl einzusetzen? Und weil ich von vielen Bürgerinnen und Bürgern und aus Vereinen und Verbänden die Rückmeldung bekomme, dass ich das gut mache, möchte ich mich auch weiterhin zur Verfügung stellen, dankbar sein und die mir aufgetragenen Aufgaben so gut wie möglich erledigen. Nicht mehr, aber das ist auch nicht wenig.

Was zeichnet denn einen guten Kreispräsidenten aus?

Tiemann:

Ein Kreispräsident, der sein Amt ernst nimmt, schielt nicht auf Wählerstimmen, sondern geht dahin, wo er für den Kreis positiv werben kann. Das heißt, er lässt sich sowohl bei den Vereinen und Verbänden im Kreis sehen, aber er ist auch bei den zahlreichen Anlässen im ganzen Land präsent. Und er sollte zuhören können, denn niemand hat die Weisheit gepachtet. Er darf sich auch nicht scheuen, zum Beispiel Veranstaltungen und Parteitage aller Parteien zu besuchen, denn er sollte in seinem Auftreten nach außen absolut neutral sein. Darüber hinaus sollte er sich nicht provozieren lassen, auch nicht von den Medien, und die Kreistagssitzungen souverän, unaufgeregt, nicht zu ernst und vor allem überparteilich leiten.

Bei einigen Themen haben Sie aber die Rolle des neutralen Mittlers verlassen und Parteipolitik gemacht, wie bei der Kündigung des Pachtvertrages für das Pinneberg-Heim in Dänemark. War das Ihrem Amt angemessen?

Tiemann:

Ja selbstverständlich. Die Wählerinnen und Wähler in meinem Wahlkreis haben mich in den Kreistag gewählt. Erst danach bin ich vom Kreistag als Kreispräsident eingesetzt worden. Somit bin ich in erster Linie Abgeordneter des Kreistages, und meine Wähler haben den Anspruch, dass ich eine politische Meinung besitze und diese auch deutlich vertrete. Damit mache ich aber noch lange keine Parteipolitik im Kreistag. Selbst dessen Geschäftsordnung sieht ausdrücklich vor, dass der Kreispräsident zu allen Themen seine eigene Meinung äußern kann. Er sollte dann nur für diese Wortmeldung die Sitzungsleitung abgeben, was ich auch regelmäßig so praktiziere.

Die Ausstellung der Werke des Künstlers A. Paul Weber in der Drostei hat auch Kritiker hervorgerufen, die die Nähe des Künstlers zum NS-Regime monierten. War das gerechtfertigt?

Tiemann:

Natürlich ist Kritik an der Biografie des Künstlers gerechtfertigt, nicht aber Kritik an der Drostei. Denn mit dieser Ausstellung haben die Drostei und ich, soweit ich daran beteiligt war, beabsichtigt, gerade die deutlichen Brüche in der Biografie Webers darzustellen. Ohne die Auftragsarbeiten, die Weber in der Nazizeit geschaffen hatte und die ich in Dänemark entdeckt habe, wäre es zu der Ausstellung gar nicht gekommen. Absicht war, diese Bilder, den sozialkritischen und künstlerisch wertvollen Arbeiten Webers - auch aus seiner Widerstandszeit - gegenüber zu stellen. Das ist hervorragend gelungen.

Was halten Sie von einer Kreisreform?

Tiemann:

Wenig. Fusionen von Kreisen ohne deren Zustimmung halte ich für nicht durchsetzbar. Genauso lehne ich zwangsweise Zusammenlegungen von Gemeinden ab, wie sie von einer die Landesregierung tragenden Fraktion gefordert werden. Nicht die Größe einer Gebietskörperschaft, allein der Abbau unnötiger Bürokratie schafft nennenswerte Einsparungen.

Was machen Sie, falls Sie von Juni an nicht mehr Kreispräsident sein sollten?

Tiemann:

Darüber mache ich mir keine Gedanken. Wer aber seit über 50 Jahren auch in zahlreichen Führungspositionen ehrenamtlich tätig ist, würde immer etwas finden, wo er sich bürgerschaftlich engagieren könnte.