Kennen Sie diese Atmosphäre in einem überfüllten, schlecht klimatisierten, um Stunden verspäteten Zug in einem bitterkalten Winter? Die Fahrgäste meckern nicht über die Zeit, die der Zug in Verzug ist. Sie tauschen aufgeregt ihre unglaublichen Ein-, Um- und Aussteigeerlebnisse aus, helfen einander, über sperrige Koffer hinweg zu klettern und teilen angesichts des leer gefutterten Speisewagens ihr Proviant mit Weggefährten. Trotz aller Hindernisse sind die Fahrgäste optimistisch, gesund und unbeschadet das Reiseziel zu erreichen.

So etwa lässt sich die Stimmung beschreiben, die gestern im Rathaus beim Neujahrsempfang der Stadt Pinneberg während und nach der Ansprache der Bürgervorsteherin zu spüren war. Natalina Boenigk (CDU) beschönigte in ihrem Ausblick auf Pinneberg 2013 nichts. Ohne dabei schwarz zu malen sprach sie unangenehme Wahrheiten aus. Sie bezeichnete die Projekte Westumgehung und Eggerstedt-Kaserne als "Unendliche Geschichten". Dem Thema Innenstadtentwicklung verpasste sie ironisch den Filmtitel "Stirb langsam, Folge 1 bis 4". Natalina Boenigk stellte den Bürgern mit dem Stichwort Rettungsschirm Einsparungen, höhere Gebühren und Steuern in Aussicht. Das Ziel der Reise: Eine starke Stadt. Mürrische Minen gab es im Anschluss an die Rede nicht, stattdessen zustimmendes Nicken, optimistisches Lächeln, motivierende Gespräche.

Der Bürgervorsteherin war es gelungen, die Gäste im Ratssaal durch klare Worte und konkrete Ansagen mit auf eine Fahrt zu nehmen, bei der Hindernisse Verspätungen, Umwege und Entbehrungen vorgesehen sind. Die Ankunftszeit ist ungewiss, aber das Ziel ist klar. Eine Kommune, die nicht in Schulden versinkt und in der engagierte Bürger sagen: Pinneberg ist eine liebens- und lebenswerte Stadt.