Um ausreichend Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, bleiben den Kommunen nur noch wenige Monate Zeit. Eltern können klagen.

Kreis Pinneberg. Der Countdown läuft: Nur noch wenige Monate bleiben den Kommunen, um dem Kinderförderungsgesetz entsprechend ausreichend Betreuungsplätze bereit zu stellen. Ab 1. August soll für jedes Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen. Im Moment fehlen laut Bundesfamilienministerium noch rund 160 000 Plätze bundesweit.

Im Streit um die Frage, wer die Kosten für den Ausbau der Kleinkindbetreuung übernimmt, haben sich nun das Land Schleswig-Holstein und die Kommunen auf einen Kompromiss geeinigt. Für bereits entstandene Kosten fließen 36,5 Millionen Euro an die Kommunen. Die jährliche Unterstützung des Landes wird sich mit der steigenden Zahl der Krippenplätze bis 2017 auf 80 Millionen Euro erhöhen. Wie viel Geld in den Kreis Pinneberg fließt, kann Kreissprecher Marc Trampe zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. So viel jedoch steht fest: "Wir freuen uns und rechnen."

Mehr als 7500 Mädchen und Jungen unter drei Jahren könnten im Kreis Pinneberg künftig von dem Gesetz profitieren. Wie viele von ihnen einen Betreuungsplatz bekommen, ist derzeit unklar. Einen Bedarf von insgesamt 2571 Krippenplätzen ermittelte die Kreisverwaltung für das kommende Jahr. Ende Juni waren erst 2037 davon verfügbar. "Die Versorgungsquote im Kreis liegt derzeit bei knapp 32 Prozent. Wir sind optimistisch, dass wir die Quote erreichen werden", sagt Landrat Oliver Stolz. Offen sei aber, ob die 35 Prozent-Quote den Bedarf decke, der im Kreis Pinneberg höher sein könnte.

Wedel übertrifft die geforderten 35 Prozent. Vor allem in den Städten werden Krippenplätze nachgefragt. "Pinneberg ist eine der wenigen Kommunen, die sowohl im Krippenbereich wie auch Elementarbereich die geforderten Plätze in vollem Umfang zur Verfügung stellt", sagt Bernd Hinrichs vom Ausschuss Soziales, Kinder und Senioren. Mit 439 Krippenplätzen, davon 120 in Tagespflege, kommt die Kreisstadt auf eine Versorgungsquote von 36,6 Prozent. Das klappt allerdings nur, wenn die zwei für das kommende Jahr geplanten Kitas mit 70 Krippenplätzen rechtzeitig fertig werden. Auch in anderen Kommunen wird die Frist bis August genutzt, um Kitas neu oder umzubauen. Unter anderem in Quickborn, Schenefeld, Halstenbek und Rellingen sollen im kommenden Jahr weitere Betreuungsplätze entstehen. Auch in Tornesch, in den Ämtern Moorrege und Elmshorner Land gibt es Nachholbedarf. Gut davor beim Kita-Ausbau ist Helgoland. Die kleine Inselgemeinde erfüllt schon jetzt die Vorgaben. Dort stehen 45 Plätze zur Verfügung, darunter zehn Krippenplätze und nicht alle sind besetzt.

Wie ein Betreuungsplatz genau ausgestaltet sein soll, ist in dem Gesetz nicht geregelt. Grundsätzlich müssen die Eltern entscheiden, ob sie ihr Kind in einer Kita unterbringen wollen, oder ob der Nachwuchs von einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreut werden soll. Bis zu einem Drittel der Betreuungsplätze kann auf diese Weise übernommen werden. In vielen kleinen Gemeinden sind es vor allem Tagesmütter, die schnell und flexibel auf die Bedürfnisse berufstätiger Eltern reagieren können. Aber auch für die meisten Tagesmütter im Kreis gilt, die Nachfrage ist größer als das Angebot. "Ohne die Tagesmütter stünden wir viel schlechter da", sagt Rainer Jürgensen, Vorsitzender des Kreisverbandes Pinneberg im Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag. Im Kreis gibt es eine Reihe unterschiedlicher Konzepte, die sich sowohl in der pädagogischen Ausrichtung als auch im Umfang der Betreuungszeiten unterscheiden. Die Spanne reicht von Einrichtungen, die in der Woche täglich von 6 bis 18 Uhr geöffnet sind, bis hin zu Gruppen, in denen nur stundenweise betreut wird.

Eltern, die keinen Betreuungsplatz für ihr Kind bekommen, haben durch den Rechtsanspruch die Möglichkeit, den Platz einzuklagen. Zuständig dafür sind die Verwaltungsgerichte. Ob durch den Klageweg dann tatsächlich ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht, ist offen. Das Gericht kann keine Plätze vergeben, die nicht vorhanden sind. Ebenfalls zum 1. August wird das sogenannte Betreuungsgeld eingeführt, das an Eltern gezahlt wird, die sich zu Hause um ihre Kinder kümmern wollen. Beantragt werden kann die Leistung bei den zuständigen Verwaltungen. Hartz-IV-Empfänger profitieren nicht von dieser Leistung, denn Betreuungsgeld wird wie Kindergeld als Einkommen gewertet und auf das Arbeitslosengeld II angerechnet.