Eine Glosse von Bernd-Olaf Struppek

Ein Königreich für ein Pferd? Nix da, der Zossen stünde mir hier nur im Weg. Vielmehr möchte ich, sehr frei nach Shakespeare, nach meiner Schere schreien. Diesem netten, kleinen Schneidegerät mit dem blauen Griff. Diese hatte ich, anders als von uns Journalisten bisweilen behauptet, nicht im Kopf gehabt, wohl aber auf dem Schreibtisch liegen gelassen.

Die eingestaubte, weil monatelang ungebrauchte Kameraabdeckung, den stumpfen Buntstift, die Bilge in der fast leeren Colaflasche hatte ich nach meiner Rückkehr aus freien Tagen auf dem Schreibtisch wiedergefunden. Die Schere mit dem blauen Griff jedoch, dort am Bildschirm hatte sie gelegen, ist verschwunden.

Machen wir hier einen Schnitt. Rückblende. Das Phänomen der Scherenwanderung hatte vor Monaten begonnen. Bis dahin fristeten die Gerätschaften ein trostloses Dasein in kollektiver Untätigkeit. Dann wurde zur Regel gemacht, für regelmäßige Meetings kleine Exposés vorzubereiten und auszuschneiden. Die große Zeit der Scheren war eingeläutet.

Wer eine Schere hatte, hütete sie mit Argusaugen. Wer nicht . . .war ein paar Tage, oder eher ein paar unbeobachtete Abende, später überraschenderweise doch im Besitz einer solchen . . . Zwei Fahndungsmethoden sind gängig. Entweder man schlurft, den Kaffeebecher in der Hand und wie zufällig, von Tisch zu Tisch und kiebitzt. Oder "WER. HAT. MEINE. SCHERE. VERDAMMT?!"