Gut aufgelegte Schauspieler überzeugen im Erfolgsstück “Der Gott des Gemetzels“ auf der “Batavia“

Wedel. Erst wird Vermögensberaterin Annette ausgerechnet über Kokoschkas Bildband sehr übel. Dann stirbt das Smartphone einen feuchten, gewaltsamen Tod in der Tulpenvase. Zimperlich gehen die wohlhabenden Pariser Ehepaare Houillé und Reille bei ihrem Versuch, eine blutige Prügelei ihrer beiden Söhne sachlich und ihrem bildungsbürgerlichen Zivilisationsanspruch gemäß zu besprechen, nicht miteinander um.

Jedenfalls nicht am Ende. Da saufen sie, wüten, weinen, ätzen und machen sich gegenseitig nieder - nicht nur verbal. Jeder gegen jeden und alles. Dabei umschleichen sich die Protagonisten zu Beginn bei Kaffee und Höflichkeitsfloskeln mit einer Betulichkeit, die an Langeweile grenzt.

Yasmina Rezas Erfolgsstück "Gott des Gemetzels" ist ein Paradebeispiel dafür, wie hinter der wohlerzogenen Fassade bürgerlichen Anstands der aggressive Egoismus mitteleuropäischer Städter lauert. Das ist nicht neu. Gerade französische Autoren und Filmemacher haben sich schon ausgiebig und einfallsreich an der bürgerlichen Doppelmoral abgearbeitet.

Doch Reza, selbst Teil des Pariser Milieus, das sie so intelligent durchleuchtet, findet eine komische, fast penibel genaue Sprache voller Sarkasmus, Witz und Überraschungen für diese sich schlüssig entwickelnde Sozialdynamik. Jede Geste, jeder Blick treibt die Handlung voran. Das Karussell dreht sich immer schneller - bis es explodiert.

Diese dramatische Feinmechanik übersetzt das vierköpfige Ensemble des Wedeler Theaterschiffs "Batavia" in der Inszenierung von Angelika Strub in einen haarsträubenden, hinreißenden Theaterabend.

Mit einem Humor, der aufs Angenehmste an Loriot erinnert, nicht nur, wenn mitten in der Schlacht auch noch Mutti anruft. Konzentriert und mit einem sicheren Gespür für Tempo, Tonfall und Pausen meistern Evi Albrecht, Stefanie Beckmann, Lorenz Schmidt und Tim Feindt die ausgeklügelten Dialogberge, spielen sich passgenau die Bälle zu. Vor allem Schmidt glänzt als komische Naturbegabung hinter seiner Liebestöter-Hornbrille als Idealbesetzung des Vorzeige-Softies und heimlichen Hamsterkillers.

"Der Gott des Gemetzels" ist noch am 8., 14. 21. und 22. Dezember sowie am 5., 11., 12., 25. und 26. Januar auf dem Theaterschiff "Batavia" am Brooksdamm in Wedel zu sehen. Der Vorhang öffnet sich jeweils um 20.30 Uhr. Karten zu jeweils 15 Euro können unter der Telefonnummer 04103/858 36 reserviert werden.