Quickborner IG-Flugschneise Nord ziehen nicht vor Gericht. Das Risiko einer Klage gegen den Hamburger Senat ist zu groß.

Quickborn/Hamburg. Die Verteilung des Fluglärms am Hamburger Flughafen wird nun doch nicht gerichtlich geklärt. Nach monatelangen internen Beratungen zieht der Vorstand der Quickborner Interessengemeinschaft (IG) Flugschneise Nord seine Ankündigung vom Frühjahr dieses Jahres zurück, die geltende Bahnbenutzungsregelung (BBR) in Fuhlsbüttel vor dem Hamburger Verwaltungsgericht kippen zu wollen.

"Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht", sagt IG-Vorsitzender Eberhard von Lany. "Aber das Risiko ist uns zu groß, dass wir selbst mit einem Erfolg vor Gericht nichts erreichen werden, weil sich an der ungerechten Verteilung der Starts und Landungen nichts ändern wird." Die 300 Mitglieder des Vereins, die seit vier Jahrzehnten gegen den zunehmenden Fluglärm im Luftraum von Quickborn und Hasloh zu Felde ziehen, werden über diesen Vorstandsbeschluss Ende November informiert. Diese hatten vor genau einem Jahr den Vorstand ermächtigt, die Klage vorzubereiten. "Es gibt wohl niemanden, der mehr als wir bedauert, dass wir nicht klagen werden", sagt IG-Vize Jürgen Radowitz.

Ausschlaggebend für diesen Rückzieher sei der Entscheidungsprozess im Sommer gewesen, sagen von Lany und Radowitz.

Sie seien bislang immer davon ausgegangen, dass eine neue BBR mit öffentlicher Beteiligung erlassen werden müsste, wenn die bisherige vom Gericht als obsolet oder rechtswidrig erklärt würde. Dann müssten auch die Bürger in den vom Fluglärm am meisten betroffenen Kommunen Quickborn, Hasloh und Norderstedt dazu angehört werden. Dies sei aber nicht automatisch der Fall, wie der IG-Vorstand von seinen Rechtsberatern erfuhr. Wahrscheinlicher sei, dass die Deutsche Flugsicherung dann nach Gutdünken ohne bestimmten Kriterienkatalog die Flugzeuge über die vier Bahnen starten und landen lasse. "Dann würde sich für uns nichts ändern", glaubt von Lany. Rund 20 000 Euro Prozesskosten wären umsonst ausgegeben worden.

Rechtsanwalt Wilhelm Mecklenburg aus Pinneberg, der die IG seit Jahren berät und im April die Klageschrift ausgearbeitet hatte, die auf seinem Gutachten von 2008 beruht, bedauert die Entscheidung seiner Mandanten. "Offenbar ist klar geworden, dass der erste Schritt, die BBR zu kippen, nicht reichen könnte." Dieses Risiko habe schon immer bestanden, da solche BBR wie in Hamburg äußerst selten seien und es deshalb am wahrscheinlichsten wäre, wenn die Flugsicherung den Verkehr der Flugzeuge regele und dies dann nicht sehr von der jetzigen Praxis abweiche.

Voriges Jahr flogen 43 Prozent der 154 695 Flugzeuge über Quickborn

Seit den 1960er Jahren gilt am Hamburger Flughafen die BBR, dass alle Starts in Richtung Norden und nachts auch die Landungen über die nördliche Schneise in Richtung Hasloh-Quickborn abzuwickeln ist. Über Alsterdorf soll demnach möglichst kein Flugzeug starten und landen. Diese Regelung führt seit Jahrzehnten zu einer ungleichmäßigen Verteilung auf die vier Bahnen, die die Schleswig-Holsteiner als ungerecht empfinden. So flogen voriges Jahr 43 Prozent der 154 695 Flugzeuge über Quickborn von und nach Hamburg. Während es über Langenhorn 30 Prozent, Niendorf 24 Prozent und Alsterdorf nur drei Prozent waren. Bis Ende September waren es hier dieses Jahr 50 410 aller 114 715 Starts und Landungen (44 Prozent).

Verwaltungsrechtler Mecklenburg hatte 2008 beim Hamburger Senat und der Flugsicherung herausgearbeitet, dass die praktizierte BBR rechtlich nicht mehr gültig und damit unwirksam sei. Die 70-seitige Expertise war der Anlass für die IG, die Klage vorzubereiten.

Weil sie unbedingt wollten, dass die betroffenen Kommunen die Klage unterstützen, verzögerte sich dieser Prozess drei Jahre. Trotz anderslautender Erklärungen zogen insbesondere Quickborn und Norderstedt ihre Unterstützung zurück. Lediglich Hasloh war bereit, eine kleine Summe beizusteuern. Die Erkenntnis, dass sie letztlich allein auf weiter Flur gegen den Hamburger Senat und den Flughafen standen, enttäuschte und zermürbte den IG-Vorstand . "Dass wir keine Rückendeckung von der Politik bekommen haben, hat uns sehr frustriert", sagt von Lany. Der 71-Jährige ist seit 13 Jahren IG-Vorsitzender und noch für ein Jahr gewählt. Angesichts dieser Entwicklung hält er auch ein Ende der IG für möglich, in der die Mitglieder in dem 40 Jahre dauernden Streit um Fluglärm gealtert und langsam resigniert sind. Die Versammlung ist am Donnerstag, 29. November, um 19.30 Uhr in der Mensa der Comeniusschule Quickborn.