Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Klub und dessen Mitglieder vor. Heute: VfL Pinneberg. Der feiert bald seinen 125. Geburtstag.

Am 10. März 2013 jährt sich zum 125. Mal der Gründungstag des Turnvereins Union Pinneberg. Für alle, denen dieser Name nichts sagt: Der TV (später TSS) Union, als Betriebssportgemeinschaft eines Eisenwerkes auf Initiative dessen Besitzers Herman Wupperman entstanden, ist der älteste Vorgängerklub des 1945 gegründeten und seit 1948 unter diesem Namen im Vereinsregister geführten Vereins für Leibesübungen (VfL) Pinneberg.

Feiern werden die Mitglieder des mit 5100 Mitgliedern drittgrößten Sportklubs in Schleswig-Holstein dieses Jubiläum auf jeden Fall, obwohl die Rahmenbedingungen für Vereine immer schwieriger werden. Die Zeiten, in denen Werbekampagnen wie "Sport ist im Verein am schönsten" den Klubs regen Zulauf bescherten, sind auch in Pinneberg längst vorbei.

Seit Jahren verzeichnen die meisten Vereine in Deutschland erhebliche Mitgliederrückgänge, Hauptursachen dafür sind eine Verlagerung der Freizeitaktivitäten, vor allem in den Bereich Neue Medien, der demografische Wandel der Gesellschaft und die abnehmende Bereitschaft, sich langfristig an einen Sport-Anbieter zu binden.

Den daraus für einen modernen Großverein resultierenden Herausforderungen sind sich die Verantwortlichen des VfL Pinneberg bewusst und gehen sie offensiv an. Einerseits der Tradition verpflichtet, muss der Klub andererseits zwangsläufig neue Wege beschreiten, um im Bereich Sport und Freizeit mit kommerziellen Anbietern konkurrieren zu können.

"Viele verschiedene Faktoren führen dazu, dass es immer schwieriger wird, Sportinteressierte im Verein zu halten", sagt VfL-Geschäftsführer Uwe Hönke. Daher sei es unerlässlich, schnell auf Entwicklungen und Prozesse innerhalb der Gesellschaft zu reagieren. "Wir müssen den Spagat zwischen dem traditionellen Verein und dem modernen Dienstleister schaffen", ergänzt Uwe Hönkes Stellvertreter Ragnar Pohl.

Passend dazu änderte sich kurz vor den Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen des ältesten VfL-Vorgängerklubs das Vereins-Motto. Lautete die schriftlich fixierte Formulierung von Zielen und Ansprüchen im zurückliegenden Vierteljahrhundert "Ein Verein schafft Lebensqualität", so empfiehlt sich der VfL seit kurzem als "Unser sportliches Zuhause". Diese Umbenennung sei überfällig gewesen, sagt Uwe Hönke.

"Nach 25 Jahren wurde es allmählich Zeit für eine Veränderung." Zudem solle der neue Leitgedanke all diejenigen, die sich dem Sport im VfL Pinneberg verbunden fühlen, dazu motivieren, sich den eigenen Ansprüchen und Möglichkeiten entsprechend ins Vereinsleben einzubringen - ob als Mitglied einer (Leistungs-)Mannschaft, als Individualsportler oder als Gast im geräumigen Fitnessbereich des VfL-Sportzentrums, der das gesamte Untergeschoss der Räumlichkeiten am Fahltskamp 53 einnimmt.

Die Abteilung Fitness, Turnen, Gesundheitssport (vormals Freizeit, Turnen, Gymnastik), kurz FTG, ist seit jeher die größte im VfL und zählt derzeit 1500 Mitglieder, von denen das Gros über 60 Jahre alt ist. "Gerade in diesem Bereich decken wir ein breites Spektrum ab", sagt Uwe Hönke, seit kurzem Nachfolger von Sönke P. Hansen. Schon während seiner vorangegangenen langjährigen Geschäftsführer-Tätigkeit beim Elmshorner MTV habe Hönke festgestellt, dass viele Aktive, die sich als junge Erwachsene aus beruflichen und familiären Gründen eine Auszeit vom Sport nehmen, im fortgeschrittenem Alter zu ihrem Verein zurückkehren. Die Zahl derjenigen, die aus gesundheitlichen, aber auch sozialen Gründen das sportliche Angebot des VfL Pinneberg nutzen, wachse permanent. "Von unseren mehr als 5000 Mitgliedern sind heute 80 bis 90 Prozent Breiten- und Freizeitsportler", sagt Ragnar Pohl.

Der Leistungsgedanke kommt beim VfL aber keineswegs zu kurz. 18 Sportarten umfasst das Angebot, darunter fernöstliche Kampftechniken, Leichtathletik, Tanzen und diverse Ballsportarten. Große Erfolge feierten in den 1960-er und 1970-er Jahren die Fußballer des VfL. Sechsmal (1964, 1968, 1971, 1973, 1975, 1977) wurden die Rot-Blauen Hamburger Meister, stiegen dabei dreimal in die nächsthöhere Klasse auf. Die Aufenthalte in der Regionalliga (Saison 1973/74) und der Oberliga Nord (1975/76, 1977/78) endeten aber jeweils nach nur einer Spielzeit mit dem Abstieg.

Noch höher hinaus ging es für die Basketballer des VfL Pinneberg. Die Herren bestritten zwischen 1976 und 1980 sowie 1984/85 insgesamt fünf Spielzeiten in der 2. Bundesliga Nord, ebenfalls zweitklassig waren in der Spielzeit 2005/06 die Pinneberger Damen. In einer Spielgemeinschaft mit der Halstenbeker Turnerschaft knüpften die männlichen Pinneberger Korbjäger zuletzt an ehemalige Erfolge an, schafften in der Saison 2011/12 als Holstein Hoppers den Sprung in die 1. Regionalliga Nord.

Ebenfalls in einer Spielgemeinschaft (mit dem TSV Prisdorf) gelang den Handball-Männern des VfL als HSG Pinnau in den vergangenen beiden Spielzeiten der Durchmarsch von der Bezirks- in die Hamburg-Liga. Als Bereicherung für den Verein bezeichnet Uwe Hönke die Volleyballer seines Vereins, die aktuell ihre erste Saison in der neuen Dritten Liga Nord bestreiten. "Es ist fantastisch, was die Jungs bei ihren Heimspielen in der Jahnhalle auf die Beine stellen."

International am Start waren in der Vergangenheit vor allem die Leichtathleten des VfL, die sich 1975 mit denen des Wedeler TSV zur LG Wedel-Pinneberg zusammenschlossen. Schon zuvor nahmen 1952 in Helsinki mit der Kugelstoßerin Dorothea Kress und Langstreckenläufer Ludwig Warnemünde zwei VfL-Athleten an Olympischen Sommerspielen teil. 1984 in Los Angeles verpasste der Pinneberger Wolfram Gambke als Vierter des Speerwurf-Wettkampfes Bronze nur knapp.

Um auch künftig auf hohem Niveau konkurrenzfähig zu bleiben, setzt der VfL Pinneberg bei der Talentsichtung und -förderung verstärkt auf Kooperation mit den Schulen. Hauptamtliche und Honorar-Trainer betreuen etwa 20 unterrichtsnahe Projekte in der Kreisstadt. "Wenn es die Kinder zeitlich nicht mehr zum Vereinstraining schaffen, müssen wir eben in die Schulen gehen", sagt Uwe Hönke.

Dabei übernimmt der Verein auch Aufgaben, die weit über die sportliche Betreuung hinausgehen, schon seit 2005 ist der VfL Pinneberg Träger einer Betreuungsgruppe an der Grundschule Thesdorf. "Die gesellschaftliche Integration gehört per se zwar nicht zu unseren Aufgaben, aber ich sehe uns als Vereine hier in der Pflicht", erklärt Uwe Hönke.

Großen Nachholbedarf sehen der VfL-Geschäftsführer und sein Stellvertreter in Sachen Infrastruktur. Durch die Schließung zweier städtischer Lehrschwimmbecken und die massive Kostensteigerung für die Nutzung des Hallenbades drohte der Schwimm-Abteilung vorübergehend das Aus. Zudem sei der Zustand einiger Sporthallen in der Kreisstadt stark verbesserungsdürftig, und für den ganzjährigen Spielbetrieb unter freiem Himmel fehle mindestens ein Kunstrasenplatz.

Gleichwohl sieht Geschäftsführer Uwe Hönke der Zukunft des VfL Pinneberg verhalten optimistisch entgegen. "Trotz rückläufiger Mitgliederzahlen erreichen wir heute über Kooperationen und Kurzzeitangebote mindestens ebenso viele Menschen wie in unseren besten Zeiten, über 5000 Menschen fühlen sich in unserem Verein verwurzelt."