Zustimmung zum Appell von Drosteifürsprecher Niels Jonas, die Kultur nicht kaputtzusparen. Bestandsaufnahme im Kreis ist vonnöten

Niels Jonas ist weitgehend zuzustimmen. Die Rolle der Kultur haben in der Nachkriegszeit nach den verheerenden Nazi-Jahren gerade verantwortungsvolle Politiker erkannt. Hamburgs Bürgermeister Max Brauer fand in den Hungerjahren zusammen mit Alfred C. Toepfer Wege, um die Hamburgische Staatsoper wieder zu errichten. Dem gelernten Handwerker war Kultur als Aufbau-Gen in den Köpfen der Menschen so wichtig, als die Gesellschaft weniger nach geistiger als nach tatsächlicher Nahrung rief und als Bürgerschaftsabgeordnete aus dem Süderelbe- Raum nach der Sitzung im Hamburger Rathaus nachts auf der Pritsche von offenen, mühsam mit kleinen Kohleöfen beheizten Lkw nach Hause gebracht wurden. Der kulturelle Aufbau in einer Umwelt von Hunger und Ruinen war eine erstaunliche Pioniertat, für die Politiker damals keinen schnellen Ansehensgewinn erwarten konnten. Auf dieser Ebene auch die Ruhrfestspiele, die Arbeitern Kunst präsentieren sollten und die Gastspiele auswärtiger Ensembles mit schwarzer Kohle bezahlten.

Dagegen sehen die heutigen Haushaltssorgen noch einigermaßen komfortabel aus und dennoch scheint der begehrliche Blick auf "freiwillige Leistungen" gefährlich. Wo einst die profiliertesten Köpfe der Politik für Kultur eintraten, gewinnt man heute den Eindruck, dass manchem Politiker nichts so fern liegt, wie das vermeintliche Nischenthema Kultur und die Unterstützung auf eine kleine Zahl von Kulturpolitikern beschränkt ist. Dabei könnte die Mehrheit auch mit Zahlen überzeugt werden, wenn ein fortzuschreibender Kulturbericht auch im Kreis Pinneberg den finanziellen Rückfluss für jeden ausgegebenen Euro in die Staatskasse belegt.

Nach Schweizer Vorbild, wie ich vor einigen Monaten in dieser Zeitung gefordert habe. Dieser finanzielle Aspekt kommt bei Kulturschaffenden oft zu kurz. Man will sich nicht auf diese prosaisch pekuniäre Ebene einlassen. Politiker sollten diese Sichtweise im Auge haben, und so könnte wie in den 1980er-Jahren in Zürich das Saulus-Paulus-Prinzip auch hier Einzug halten und Kulturaktivitäten auch in breiteren Bevölkerungsschichten wahrgenommen werden.

Wenn Niels Jonas aus Gründen der Kostenersparnis nun Verwaltungsebenen einsparen will, sollte man genau hinschauen. Denn manche Gemeinde spart seit Jahren an der Kultur und verlässt sich auf den Kulturetat des Landkreises, was zuweilen zu merkwürdigen Ergebnissen führt und dabei sogar internationale Events einfach zwischen Kreis und Ort unter den Tisch fallen.

Ob gemeinsame Ämter von Gemeinden immer das richtige Rezept sind? Dafür gibt es unterschiedliche Beispiele. Warum schafft es beispielsweise ein kleiner Ort wie Moorrege im direkten Schatten einer größeren Stadt wie Uetersen seine Selbstständigkeit zu bewahren, schuldenfrei zu sein und sich noch im Bereich von Musik (siehe auch Appen) besonders zu engagieren?

Immerhin tröstlich, wenn die Vorsitzende des Kreis-Kulturausschusses, Kerstin Seyfert, versichert, dass im Kulturbereich des Kreistages nicht gespart werden soll. Das sollte der Anfang einer Bestandsaufnahme sein, die wohl nicht mehr vor den Kommunalwahlen kommt. Aber eine entsprechende Fragestellung an die Parteien sollte vor der Wahl erfolgen, damit es in den folgenden fünf Jahren keine bösen Überraschungen gibt.