Die Hundebesitzerin erlitt einen Schock. Seit Mai 2011 wurden im Kreis Pinneberg 31 Attacken von gefährlichen Hunden gezählt.

Moorrege. Der 28. August ist ein sonniger Tag, die Vögel zwitschern im Moorreger Wald nahe des Freibades Unterglinde. Die Mädchen und Jungen des Waldkindergartens sind gerade von ihren Eltern abgeholt worden. Wie fast jeden Tag geht Beate F. (Name geändert) mit ihrer sechs Monate alten Hündin Meta im Wald spazieren. Das Tier spielt mit Tannenzapfen, die Nase auf dem Boden, den Schwanz in die Luft gestreckt. Genau das rettet der Hündin an diesem Tag wahrscheinlich das Leben. Ein Kampfhund stürzt sich auf die Hündin, verbeißt sich in Metas Hinterteil und schleudert den Goldendoodle mit dem zotteligen weißen Fell hin und her.

"Wie aus dem Nichts kam dieses Tier auf uns zugeschossen", sagt Beate F. "Der hat sie wie ein Stofftier von rechts nach links geworfen. Ich habe noch nie in meinem Leben solche Angst gehabt, ich war wie gelähmt." Beate F. erlitt einen Schock. "Als ich Meta aufgehoben habe, war alles voller Blut", sagt sie. Die schweren Bissverletzungen an Hinterteil, Schwanz und Oberschenkeln mussten genäht werden.

Beate F. erstattete am selben Tag Anzeige gegen den Tierhalter bei der Polizei in Moorrege. Der Mann habe den American-Pitbull-Terrier-Mischling von seiner Freundin an der Leine führen lassen. Die junge Frau sei nicht kräftig gewesen, den Kampfhund zu halten, sagt Beate F. "Das Tier hat sich einfach losgerissen."

Beate F. fühlt sich bis heute bedroht. Die Frau hat Angst. "Was, wenn das Tier ein Kind angegriffen hätte?" Beate F. versteht nicht, dass ein Kampfhund ohne Maulkorb herumlaufen darf. "Es gibt doch Vorgaben, die erfüllt werden müssen, wenn ich so ein Tier halte."

Sogenannte Kampfhunde werden in Schleswig-Holstein als gefährliche Hunde erfasst. Dazu zählen vor allem Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier und deren Mischlinge. Halter dieser Hunderassen sind verpflichtet, von einem speziell ausgebildeten Tierarzt das Wesen des Hundes testen zu lassen. Die Fachtierärzte für Verhaltenskunde prüfen die Sozialverträglichkeit der Tiere, ihr Verhalten gegenüber Menschen und anderen Hunden. Der Pinneberger Tierarzt Pasquale Piturru nimmt den Wesenstest bei Hunden vor. "Ich überprüfe aber auch die Sachkunde der Hundehalter", sagt Piturru.. "Anschließend gebe ich der zuständigen Behörde eine Empfehlung, inwieweit der Halter und das Tier den Anforderungen des Gefahrhundegesetzes entsprechen." Die zuständige Behörde ist die Verwaltung der jeweiligen Gemeinde.

Das Gesetz zur Vorbeugung und Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren, kurz Gefahrhundegesetz (GefHG) definiert, wann ein Hund als gefährlich gilt, wie er in der Öffentlichkeit zu halten ist und welche Kriterien der Halter erfüllen muss. Nach Paragraf 2, Absatz 1 des Gesetzes muss der Halter den Hund selbst führen und darf ihn nur dann einer anderen Person überlassen, wenn diese gewährleisten kann, den Hund sicher zu führen. Genau diesen Punkt missachtete der Halter, dessen Kampfhund Meta angriff.

"Oft sind die Menschen am Fehlverhalten ihrer Hunde Schuld", sagt Pasquale Piturru. "Hunde sind Rudeltiere, sie orientieren sich im Verhalten am Ranghöheren. Das ist meist der Halter." In 90 Prozent der Zwischenfälle mit Hunden trage der Halter mindestens eine Mitschuld, sagt Piturru. Sei das Verhältnis zwischen Mensch und Hund gestört, wirke sich das auf das Verhalten des Tieres aus. "Wenn ich ein Auto fahren will, brauche ich einen Führerschein. So ist es auch bei Kampfhunden. Ich muss gewährleisten können, dass ich weiß, wie ich mit dem Tier umgehen muss", sagt Pasquale Piturru.

Zwischen dem 1. Mai 2011 und dem 30. April 2012 wurden im Kreis Pinneberg zwölf Fälle gemeldet, bei denen ein Mensch von einem gefährlichen Hund gebissen und verletzt wurde. Das geht aus einer Statistik des Kreises Pinneberg hervor. Zwei Mal griffen gefährliche Hunde sogar Kinder an. In Pinneberg verbiss sich ein Hund in den Arm eines Kindes, als dieses versuchte, den Hund zu streicheln. In Wedel biss ein Hund ein vorbeilaufendes Kind in den Oberschenkel. Deutlich höher ist die Zahl der Attacken von gefährlichen Hunden auf andere Hunde. 19-mal geschah dies im vergangenen Jahr.

Die Moorreger Polizei will sich zum Fall Meta nicht äußern. Auch Beate F. hat nach der Anzeige gegen den Halter nichts mehr von der Polizei gehört. Die Ermittlungen seien im Gange und würden ergeben, ob der Halter des Kampfhundes gegen die Gefahrhundeverordnung verstoßen habe, sagt ein zuständiger Polizeibeamter. Dann erwarte ihn ein Bußgeldverfahren. Es käme auch Sachbeschädigung in Frage, weil der Hund verletzt worden sei, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Ein Straftatbestand sei dies aber nur bei vorsätzlicher Sachbeschädigung.

Beate F. interessiert es nicht, ob der Halter Bußgeld zahlen muss oder wegen Sachbeschädigung zur Verantwortung gezogen wird. Die Frau will einfach nur verhindern, dass es zu weiteren Angriffen durch gefährliche Hunde kommt.

Der Halter des Kampfhundes, der Meta attackierte, gehe weiterhin mit dem Tier in Moorrege spazieren. "Der Hund trägt bis heute keinen Maulkorb." Beate F. will wachrütteln. "Der Schmusekurs mit diesen gefährlichen Tieren muss beendet werden." Sie fordert, dass die Einhaltung der Regeln für den Umgang und die Haltung gefährlicher Hunde, strenger überwacht werden.