Die Überfälle der Gisela Werler, Deutschlands erste Bankräuberin, werden fürs Kino verfilmt. Derzeitiger Drehort vieler Szenen: Bad Segeberg.

Kreis Pinneberg. Eine adrett gekleidete junge Frau betritt die Kreissparkasse. Zielstrebig geht sie auf den Schalter zu. Sie trägt Kopftuch und eine Sonnenbrille. Ihr Rock ist kurz, er betont ihre schönen langen Beinen. Sie baut sich vor dem Kassenschalter auf, zückt ihren Revolver und sagt ruhig: "Geld her, das ist ein Überfall." So oder so ähnlich war es in den 1960er-Jahren, wenn die die Hamburgerin Gisela Werler mit ihren Komplizen Banken ums Geld erleichterte. 19 Filialen, darunter auch diverse im Kreis Pinneberg, überfielen sie und erbeuteten insgesamt 453.000 Mark.

Besonders oft suchte Werler die Kreissparkasse Pinneberg heim, die im heutigen Schenefelder Bürgerbüro am Holstenplatz ihren Sitz hatte. Gleich dreimal stand sie hier am Schalter. Die erste Bankräuberin Deutschlands ging als Banklady in die Geschichte ein.

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Ihr Werdegang vom Mauerblümchen zur Räuberbraut faszinierte nicht nur die damalige Presse, sondern ist jetzt auch Stoff für einen Kinofilm. Die Szenen sind bereits im Kasten. Gedreht wurde in Hamburg, Coswig, Lauenburg, Bremen und auf Fehmarn. Obwohl die Lady im Kreis Pinneberg so oft unterwegs war, machte die Filmcrew der Produktionsfirma Syrreal-Entertainment hier nicht Halt. Warum? "Der Film konzentrierte sich auf die Liebesgeschichte zwischen der Banklady und ihrem Komplizen Hermann Wittorff", erklärt Felix Neunzerling von der Zoom-Medienfabrik. "Lediglich ihr erster und letzter Überfall werden im Film gezeigt."

Das war 2006 noch anders. Für eine Dokumentation wurde auch im Schenefelder Bürgerbüro gedreht. Otto Ernst Petersen, der damals die überfallene Zweigfiliale leitete, seine Tochter Silke und Schenefelds Polizeibeamter Manfred Kleiber erzählten vor der Kamera von der Masche der Banklady. Petersens Tochter Silke saß bei einem der Überfälle im Auto: "Als sie sich die Handschuhe überstreifte, wusste ich Bescheid." Sie konnte später das Fluchtauto identifizieren. Das Problem: Werler und ihre Bande nutzen verschiedene Wagen, die sie zuvor gestohlen hatten. So verlor die Polizei ihr Spur.

2013 soll Werlers diebische Karriere über die Leinwand flimmern. Die Hauptrolle der eiskalten Lady übernimmt Nadeshda Brennicke, die unter anderem in der Komödie "Manta - Der Film" und "Antikörper" zu sehen ist. An ihrer Seite spielt Charly Hübner (Polizeiruf 110) den schmierigen Komplizen Hermann Wittorff, den sie später im Gefängnis heiratete. Er war es auch, der die Tapetenfabrik-Arbeiterin auf die schiefe Bahn brachte. Zusammen mit einem Freund Werlers hatte er eine Bank ausgeraubt, sie suchten ein Versteck für die Beute. Werler nahm das Geld an sich, versteckte es in ihrem Schlafzimmerschrank. Kurz danach begann sie, ihnen bei den Raubzügen zu helfen, bis sie selbst zur treibenden Kraft wurde.

Vom 20. Juni 1965 bis 15. Dezember 1967 überfiel die Bande, die als gefährlichste der Nachkriegszeit in den damaligen Gazetten gehandelt wurde, Banken in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachen. Sie erbeuten 3095 Mark (20. Juni 1965), 45.000 Mark (20. Juli 1965), 53.000 Mark (10. März 1966), 44.000 Mark (29. August 1966), 51.000 Mark (10. Februar 1967), 10.000 Mark (25. September 1967) und 38.000 Mark (1. Dezember 1967). Die Zahlen haben die Drehbuchautoren Kai Hafemeister und Christoph Silber zusammengetragen. Sie besuchten Ausstellungen über Gisela Werler, sichteten Zeitschriften- und Zeitungsartikel, Dokumentationen, Polizeiberichte und sprachen mit Zeitzeugen, bevor sie mit dem Schreiben begannen. "Alle Figuren sind realistisch erzählt und basieren im Kern auf tatsächlich Beteiligten und Tatsachen", sagt Kai Hafemeister.

Detailgetreu wurde die Szenerie in Bad Segeberg aufgebaut, wo die Diebestour von Werle und Wittdorff endete. Regisseur Christian Alvart pochte auf jedes historische Detail, ließ runde Mülltonnen beschaffen und moderne Baumbügel mit Ästen verstecken. Mit einer Maschinenpistole bewaffnet bedrohten die Räuber am 15. Dezember 1967 in der Segeberger Sparkasse 25 Menschen. Es sollte ihr letzter Coup werden, danach wollte sich das Paar zur Ruhe setzen. Mit der Beute, erstmals im fünfstelligen Bereich, schafften sie es aber nicht, rechtzeitig wegzukommen. Nach einer Schießerei, bei der Kreissparkassen-Mitarbeiter verletzt wurden, stoppte die Polizei die Gauner an einer Tankstelle.

Wittorff wurde zu 13 Jahren, Werler zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Sie starb hinter Gittern, während Wittorff auf freien Fuß kam. Allerdings hatte ihn die Zeit im Knast nicht verändert. 1985 überfiel er wieder ein Bank. Diesmal in Elmshorn. Er wurde erwischt.