Rellinger Michael Schmidt pflegt im Tierpark Hagenbeck in Hamburg die sensiblen Dickhäuter. Der Rellinger arbeitet seit 25 Jahren dort.

Rellingen/Hamburg. Behutsam tastet die Elefantenkuh mit ihrem Rüssel die Hand des Mädchens ab. Beide trennt nur ein Wassergraben. Vorsichtig nimmt das Tier den Apfel und schiebt ihn genüsslich ins Maul. 40 000 Muskeln machen den Rüssel sehr beweglich, aber auch zu einer starken Waffe. Michael Schmidt steht direkt neben dem grauen Riesen auf der Freianlage und passt auf, dass es keinen Streit ums Futter gibt. Der Rellinger arbeitet seit 25 Jahren im Tierpark Hagenbeck in Hamburg.

Schon als Kind zog Michael Schmidt mit Feldstecher und Bestimmungsbuch raus in die Feldmark. Nach der Schule bewarb er sich um einen Ausbildungsplatz bei Hagenbeck. Während seiner Ausbildung durchlief er alle Reviere. 1996 kam er fest ins Elefantenhaus. "Bis dahin hatte ich die Tiere nur aus sicherer Entfernung gesehen", sagt er. "Und plötzlich steht man vor einer riesigen grauen Wand." Das hat ihn nachhaltig beeindruckt.

Bei Hagenbeck haben die Pfleger direkten Kontakt mit den Elefanten. "Unsere Sicherheitsstandards sind sehr hoch", sagt Schmidt. Die Pfleger sind immer zu zweit auf der Außenanlage. Im Notfall kann einer Hilfe holen. Einmalig in Deutschland ist, dass Elefantenpfleger bei Hagenbeck neben ihrer Ausbildung zum Tierpfleger zusätzlich ein Jahr lang im Umgang mit den sensiblen Dickhäutern geschult werden.

Ein bisschen fühlt sich Michael Schmidt wie eine Hausfrau: "Wecken, Frühstück machen, putzen, beaufsichtigen." Für den Rellinger ein Traumjob. Mit sieben Kollegen betreut er derzeit zwölf Asiatische Elefanten unterschiedlichen Alters. Zur Herde - eine der größten in Europa - gehören die Elefanten-Kühe Shandra, Mogli, Thura, Yashoda, Lai-Sinh, Salvana, Kandy und die Kälber Shila, Shahrukh, Shanti, Rani sowie Assam. In der freien Wildbahn verbringen Elefanten 18 bis 20 Stunden mit der Nahrungssuche. Immerhin nimmt ein ausgewachsenes Tier 150 bis 200 Kilogramm Gräser, Blätter, Äste, Wurzeln und Früchte zu sich. Das sind täglich etwa 250 000 Kilokalorien. "Früher wurden auch Reis und Spagettis gefüttert", sagt Michael Schmidt. Das macht man heute nicht mehr. "Die Kalorienbomben sorgten unter anderem dafür, dass die Elefantenbabys bei der Geburt zu groß waren."

Der Star im Gehege ist der kleine Assam, der im April nach einer Tragezeit von 663 Tagen geboren wurde. Er tollt ausgelassen auf der Außenanlage umher und erkundet neugierig alles, was ihm vor den Rüssel kommt. Manchmal ist er so von einer Sache fasziniert, dass er gar nicht merkt, dass sich seine Herde einige Schritte von ihm entfernt hat. "Wenn er dann aufschaut, kommt es vor, dass er sich erschreckt und lauthals schreit", sagt der Tierpfleger. Sofort drehen sich alle Köpfe zu ihm, um zu schauen, ob es ihm gut geht. Das muss ein Pfleger wissen, um eine schwerwiegende Kollision zu vermeiden. Vier Tonnen kommt man besser nicht in die Quere. Mutter und Tante laufen herbei und umringen den Kleinen schützend. "Elefanten sind sehr sozial", sagt Schmidt.

So ging auch der plötzliche Tod des Elefantenbullen Hussein an der Herde nicht spurlos vorbei. Der 40 Jahre alte Bulle starb Mitte Juni vor seinem geplanten Transport in einen belgischen Zoo an einem akuten Herz- und Kreislaufversagen. Sie schauten immer wieder zu seinem Gehege und riefen nach ihm mit lautem Grollen. Auch für die Pfleger war es ein Schock. "Hussein kam zur gleichen Zeit in Hagenbeck an wie ich", sagt Michael Schmidt.

Im Herbst soll der 15 Jahre alte Thisiam aus dem polnischen Kattowitz nach Hamburg kommen. Da Bullen Einzelgänger sind, werden die Jungbullen Shahrukh und Shanti den Zoo in Richtung Polen verlassen. Mala war die einzige Elefantenkuh, die mit Hussein zusammenwohnte. Sie hatte sich mit der Herde nicht mehr vertragen. Das Tier lebt nun in Belgien. Auch wenn Schmidt der Abschied schwer fällt. "Wir konnten nicht riskieren, dass sie den neuen Bullen attackiert und ihm womöglich die anderen Kühe verleidet."