Auf der deutschen Hochseeinsel Helgoland geben sich Künstler wie die Band Santiano und Achim Reichel die Klinke in die Hand.

Helgoland. Das Thema Kultur ist in den vergangenen Jahren auf der Insel Helgoland eher stiefmütterlich behandelt worden. "Vor zehn Jahren waren Die Toten Hosen mal hier und vor sieben Jahren Achim Reichel, aber davor und danach ist nicht viel passiert, zumindest nichts, was bundesweit bekannt ist", sagt Martin Erhardt von der Kurverwaltung Helgoland. Diese Zeiten sind nun vorbei. Seit vergangenem Oktober ist Erhardt auf dem roten Felsen für Marketing und Events zuständig und dank seines Engagements präsentiert sich die Insel neuerdings mit einer echten Kulturoffensive. Sechs Konzerte stehen von kommender Woche bis Ende November auf dem Programm. Darunter sind bekannte Künstler wie Santiano und Achim Reichel, aber auch hoffnungsvolle Newcomer.

"Wir sind gerade dabei, den ganzen Bereich Kultur und Veranstaltungen zu revitalisieren", sagt Erhardt. "Dabei geht es uns primär um zwei Punkte. Zum einen wollen wir die Vereine und Institutionen hier auf Helgoland fördern." Dazu gehören die Theatergruppe "Nai Komeeders", der Shanty-Chor "Helgoländer Karkfinken" oder auch die Volkstanztrachtengruppe. Durch Gastspiele auf dem Festland soll der kulturelle Austausch gefördert werden. "Zum anderen wollen wir in der Nordseehalle vermehrt Konzerte veranstalten, die auch für Besucher vom Festland interessant sind", sagt Martin Erhardt.

Den Auftakt macht am 5. August Santiano. Mit ihrem Album "Bis ans Ende der Welt", das traditionelle Volkslieder, Irish Folk und Shantys vereint, schaffte es die Flensburger Band im Februar auf Platz eins der deutschen Albumcharts. "Uns ist es allerdings wichtig, nicht nur bekannte Künstler einzuladen, sondern auch dem Nachwuchs eine Chance zu geben", erklärt Erhardt. "Aber nicht irgendwelche Bands, sondern Künstler mit einer gewissen Wertigkeit und Nachhaltigkeit. Wir wollen nicht Sylt werden, wir wollen auch nicht der Ballermann werden, sondern uns mit Qualität platzieren."

Durch seine Tätigkeit im Bereich Veranstaltungsmanagement während der vergangenen15 Jahre hat Erhardt gute Kontakte zur Musikbranche. So kam er auf die beiden diesjährigen Nachwuchstalente A Seated Craft und Zen Elephant. Hinter A Seated Craft, die am 6. Oktober nach Helgoland kommen wird, verbirgt sich die junge Australierin Alexia Peniguel. "Sie ist in meinen Augen nicht nur eine wirklich begnadete Sängerin, sondern hat auch sehr reflektierende Texte", sagt Erhardt. Zen Elephant derweil ist eine junge Band aus England, die Rock und Pop mit traditioneller Folk-Musik und Gypsie-Elementen verbindet. Sie sind am 3. November zu Gast. Für die Nachwuchskünstler wird die normalerweise 700 Besucher fassende Nordseehalle zur lauschigen Club-Größe verkleinert.

Zu Ende geht das vielfältige Konzertprogramm schließlich am 24. November, wenn mit Achim Reichel ein Urgestein des deutschen Rock zu Gast ist. Doch Martin Erhardt plant schon längst die Konzert-Saison für den Sommer 2013. "Wir führen bereits Gespräche mit dem Hamburger Sänger Pohlmann und auch Künstler wie Christina Stürmer, Silbermond oder Xavier Naidoo wären für uns sehr interessant", sagt er. Allerdings hat Erhardt für das kommende Jahr auch jenseits der Musik viele Pläne. So arbeitet er derzeit mit Hochdruck daran, einen Kulturpaten für die Hochseeinsel zu finden. "Da kämen zum Beispiel Santiano oder Hardy Krüger in Frage, der hier am kommenden Wochenende eine Lesung gibt", so Erhardt.

Des Weiteren ist für Anfang nächsten Jahres ein zweiwöchiger Workshop der Popakademie Mannheim geplant, der sich an Nachwuchskünstler auf Helgoland richten soll. Mit dem Marketing der Stadt Wedel befindet Erhardt sich außerdem in Gesprächen über mögliche Synergieeffekte. "Vielleicht kann man mal eine Musikbrücke ins Auge fassen. Sprich: man fängt morgens in Wedel an und hört abends auf Helgoland auf", sagt er. "Es gibt vieles, was man noch machen kann." Die Tatsachen, dass Helgoland bisher keine Kulturförderung erhält, jedes Konzert durch die aufwendige Anreise auch eine logistische Herausforderung darstellt und die Veranstaltungskosten entsprechend deutlich höher sind, als bei Konzerten auf dem Festland, können Erhardts Enthusiasmus nicht bremsen. "Zum Glück haben Santiano und Achim Reichel verstanden, dass unsere Gagen etwas kleiner ausfallen", sagt er.

Schließlich sei ein Konzert auf Helgoland nicht nur für die Besucher, sondern auch für die Künstler etwas Besonderes. "Wenn sie hier ankommen, hilft gefühlt halb Helgoland dabei, die Schiffe zu entladen und das Equipment zur Halle zu bringen", sagt Erhardt. "Vor kurzem hatten wir zweimal die Band Del Castillo aus Texas hier, die waren total begeistert, weil sie sich so geborgen gefühlt haben." Deren Bassist spielt übrigens auch Bass für Bob Dylan. Wenn er dem erzählt, wie schön es auf Helgoland war, vielleicht kommt dann ja eines Tages sogar Bob Dylan in die Nordseehalle? Erhardt lacht. "Das wäre natürlich schön!"