Ausnahmesängerin Pretty Yende verzaubert Klassikfans in der Rellinger Kirche

Rellingen. Pretty Yende ist ein Ereignis. Und was für eines! Denn die junge Südafrikanerin singt nicht einfach nur. Sie scheint zu zaubern. Sie berührt und verführt ihr Publikum mit einer faszinierenden Stimme und ihrem bühnenfüllenden Charisma. Ihr lyrischer Sopran schlägt die Zuhörer in seinen Bann, und zwar von der ersten Liedsilbe bis zum Finale.

Das gelang der 1985 geborenen Yende jetzt bei ihrem ersten Gastspiel während des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Hunderte von Zuhörern feierten den sympathischen Nachwuchsstar aus Kapstadt, der seine Auswahl an internationalen Auszeichnungen an diesem Abend um den Förderpreis der Hannoveraner Hamel-Stiftung ergänzen konnte, mit stehenden Ovationen und Bravo-Rufen in der bis unters Dach voll besetzten Rellinger Kirche. Und das völlig zu Recht. Denn egal, ob Pretty Yende leichtfüßig durch Belcanto- Perlen von Rossini bis Verdi schwebte, sich Liszts tief melancholischen Petrarca-Sonetten oder poppigen Musical-Welthits wie Bernsteins in diesem Fall besonders originelles Stück „I Feel Pretty“ aus der „Westside Story“ widmete – immer beleuchtete ihre Intonation die Seele des Stücks.

Dabei traf sie mit traumwandlerischer Sicherheit den Nerv des Publikums. Stilsicher und scheinbar mühelos streute sie hier eine Koloratur ein, lotete dort die Feinheiten der französischen Spätromantik aus.

Dass Pretty Yende eine schöne Frau ist und als Opernexpertin jede Menge Schauspielerfahrung mitbringt, verstärkt die umwerfende Wirkung ihrer Gesangskunst noch. Wobei die weit gespannte Farbenpracht und Intensität der Petrarca-Sonette und der Lieder von Debussy noch schöner zur Geltung gekommen wären, wenn besonders hingerissene Teile des Publikums in der Rellinger Kirche nicht zwischen den einzelnen Teilen der beiden Zyklen eifrig applaudiert hätten.

Das Programm, auf den ersten Blick ein ziemlich gewöhnungsbedürftiger Stilsalat aus Debussy und Broadway, entpuppte sich als angenehme Überraschung und war besonders kurzweilig. Die Mixtur eignete sich zudem ganz nebenbei sehr gut dazu, Yendes Fähigkeit zu unterstreichen, so ziemlich jedes gut geschriebene Lied zur Klangschönheit mit Suchtpotenzial zu veredeln.

Dabei erwies sich Pianist James Vaughn, als Musikchef der Mailänder Scala ein vertrauter Kollege der Südafrikanerin, die nach ihrem Gesangsstudium in Kapstadt ihre Ausbildung im Opernstudio der Scala fortsetzte, als idealer Liedbegleiter. Immer auf den Punkt konzentriert, aber ohne jede Eitelkeit setzte der Ire das Gesamtkunstwerk Pretty Yende in Szene.