Kinder verschönern Tunnel zwischen Stadtzentrum und Schulzentrum während eines Graffiti-Workshops

Schenefeld. Es klackert und zischt. Ein merkwürdiger Geruch liegt in der Luft. Sind die Marsmenschen los? Oh nein, das sind die Teilnehmer des Graffiti-Workshops, die einem Schenefelder Schandfleck zu Leibe rücken. Mit riesigem Mundschutz vor dem Gesicht, der Sprühdose in der Hand stehen die Kinder im Tunnel zwischen Stadtzentrum und Schulzentrum. Hochkonzentriert widmen sie sich ihrer Arbeit. Unter ihren fleißigen Händen entstehen große verschlungene Schriftzüge.

Zum Beispiel macht Nicole Kats mit. Die Zehnjährige hat sich das Wort JUKS ausgesucht. Sie ist das einzige Mädchen, das am Graffitiprojekt des Jugend- und Kommunikationszentrum Schenefeld, kurz JUKS, teilnimmt. Überhaupt nur vier Kinder haben sich für den Workshop unter fachmännischer Leitung von Illustrations-Designer David Miller angemeldet. Die Ferienzeit hat zugeschlagen. Es sind wohl viele um diese Zeit im Urlaub, vermutet JUKS-Jugendbetreuer Jörg Wilke. Miller findet es dagegen gut, dass die Gruppe klein ist. "Dadurch ist genug Platz an der Wand, so das auch jeder etwas Eigenes beitragen kann", erklärt er.

Das Projekt, das vom städtischen Gremium für Umweltverbesserung initiiert wurde und vom Kriminalpräventiven Rat finanziell unterstützt wird, startete Anfang dieser Woche. Bunt und schön soll der Tunnel werden, der bislang nur dunkel und dreckig war. Dafür mussten die Kinder gleich zu Beginn ganz schön anpacken. Mit einem Besen reinigten sie die Wände. "Das war zum Teil auch eklig. Aber alle haben die Zähne zusammengebissen", berichtet Miller stolz. Anschließend strichen die vier Graffiti-Nachwuchskünstler den Tunnel weiß. Die Grundierung war nötig, "Die Wände waren total voll geschmiert", berichtet der 24-jährige Hamburger, der an der Rellinger Caspar-Voght-Schule auch Nachmittagsunterricht gibt. "Entfesselung der Schule" heißt der zweistündige Kursus, der einmal pro Woche stattfindet.

Entfesselt waren auch die Kinder, als sie endlich nach stundenlanger Putz- und Malaktion zur Sprühdose greifen durften. Mit Hilfe ihrer Skizzen, die sie vorher unter Millers Leitung angefertigt hatten, entstanden die ersten Schriftzüge. "Besonders schwer sind die Outlines", erklärt Okan Kürcüoglu. Der Elfjährige tüftelt an seinem Wort. Er hat sich für "fail" entschieden. Daneben steht der blaue Schriftzug "Lose" von Jonas Jahn, 12. Er weiß nicht so recht, warum er sich gerade für diese Wort entschieden hat. Ganz anders Jan Meyer. Der Elfjährige suchte sich "cesh" aus. "Das zeichne ich immer mit einem Freund", erklärt er.

Verschlungene in sich verschobene Buchstaben: Graffiti ist nicht jedermanns Sache - wie die Kinder auch während ihrer Arbeit schmerzlich erfahren mussten. "Ein Mann hat gesagt, warum wir nicht etwas Lesbares und Hübsches machen", ärgert sich Kürcüoglu. Miller kennt das schon. Seit elf Jahren beschäftigt er sich mit der Schreibkunst. "Graffiti findet immer mehr Anerkennung. Doch gerade ältere Menschen sehen darin nur Schmiererei", so der Selbstständige. "Es wird eben immer Leute geben, die das nicht verstehen. Auf der anderen Seite versteht ja auch nicht jeder moderne Kunst", tröstet er die Truppe.

Klar ist: Graffiti ist auch in Schenefeld auf dem Vormarsch. Streetworker Tansel Kilic plant während den Herbstferien schon das nächste Projekt mit Jugendlichen, diesmal ab 14 Jahren. Die Hauswand auf dem JUKS-Parkplatz am Osterbrooksweg soll ein echter Hingucker werden. Der gemeinnützige Verein "Glücksgriff" sponsert die Aktion.

Denn Farbe und professionelle Hilfe sind teuer. Für Schenefelds neuen knallbunten Tunnel kalkuliert Jugendbetreuer Wilke Kosten in Höhe von etwa 1000 Euro ein. Dafür ist er auch kein Schandfleck mehr. Die eine Seite leuchtet seit heute in lila und roten Tönen, die andere Tunnelwand ist in blau und grün gehalten. Verspielt blinzeln Figuren um die Buchecken. Sie erinnern an die Urheber dieses Graffitiwerks. Die große Hoffnung der Kinder und der Initiatoren: Das es auch so hübsch bleibt und keiner darüber schmiert.

Das Einzige, was jetzt noch fehlt, sind neue Tunnellampen, die das Kunstwerk ins rechte Licht setzen. Denn die alten hässlichen Leuchten sind demoliert und ausgeschaltet.