Künstler der Art-Galerie “Sandcity“ bauen riesige Skulpturen im Schenefelder Stadtzentrum. Ausstellung bis zum 25. August zu sehen.

Schenefeld. Benno Lindel hat schon als Kind gerne Sandburgen gebaut. "Mit Sand und Matsche zu spielen habe ich schon immer geliebt, ich war ständig der dreckigste von allen. So gesehen bin ich jetzt zurück bei meinen Wurzeln", sagt er. Der Düsseldorfer ist nämlich Gründer der Art-Galerie "Sandcity", die sich auf den Bau von Sandskulpturen spezialisiert hat. Seit Montag bauen drei seiner Carver, wie sich die Sandskulpteure nennen, auf Einladung der Werbegemeinschaft und des Centermanagers Markus Montag sechs riesige Skulpturen im Stadtzentrum Schenefeld.

Der Titel der Ausstellung lautet "Piraten und Maritimes". Neben Schiffen sind auch Johnny Depp in seiner Fluch-der-Karibik-Filmfigur Jack Sparrow sowie der gruselige Captain Davy Jones zu sehen. 45 Tonnen Sand werden von den Carvern dafür verarbeitet, die Skulpturen werden bis zu 2,40 Meter hoch. Noch bis kommenden Donnerstag um 11 Uhr kann man dem Iren Niall McGee sowie Anique Kuizinga und Martin de Zoele aus Holland bei der Arbeit zusehen, dann wird die noch bis zum 25. August andauernde Ausstellung offiziell eröffnet.

Faszinierend sind die Skulpturen aber schon jetzt, im Anfangsstadion. Unglaublich detailliert sind die Gesichtszüge der Figuren. Kein Wunder, Benno Lindels Team gehört schließlich zu den besten Carvern Europas. "Sandskulpturen bauen, das klingt auf den ersten Blick leichter als es ist", erklärt er. "Aber wenn die Leute unsere Profis erst mal sehen, sind sie immer beeindruckt, weil die meisten sich gar nicht vorstellen können, dass man so etwas aus Sand machen kann."

In der Tat braucht es dazu ein gewisses Talent. Zwar lassen sich gewisse Grundtechniken in Seminaren erlernen, aber das meiste ist "learning By doing", wie Lindel es nennt. Neben der richtigen Technik ist außerdem eine gewisse Geduld elementar. Etwa vier Tage brauchen die Carver für eine Skulptur in dieser Größe. Aber wie funktioniert das überhaupt, dass die fertigen Skulpturen nicht wieder zusammenbrechen? Schließlich kennt genau das jeder selbst, vom Sandburgenbauen am Strand. "Mit Sand vom Strand können wir auch nichts anfangen", erklärt Lindel. "Denn der ist ausgewaschen. Wir benutzen naturbelassenen Sand, da sind noch Kalk, Lehm und so weiter drin." Nach dem Sieben kommt der Sand in eine Holzverschalung, in der er Schicht für Schicht mit Wasser vermischt und hart gestampft wird. So verdichtet sich der Sand, es entsteht ein Sandblock aus dem die Carver von oben nach unten die Skulpturen herausschneiden.

Dafür benutzen sie unterschiedlichste Werkzeuge, von Spachteln über Skalpelle bis zu Strohhalmen. "Der Strohhalm ist eins der wichtigsten Werkzeuge, weil man so die abgetragenen Sandkörner wegpustet, um zu sehen, wo man den nächsten Schnitt ansetzt", so Lindel. Ist die Skulptur erst mal fertig, wird der durchs Trocknen sowieso schon verhärtete Sand mit Eiweißstoffen fixiert. So halten die Skulpturen Wind und Regen stand. Selbst an der Nordsee überdauern die Skulpturen fünf bis sechs Wochen, ihr einziger Feind sind Vögel, die darauf eine Ruhepause einlegen wollen. In geschlossenen Gebäuden haben Sandskulpturen sogar schon über fünf Jahre gestanden.

Aber wie kam man überhaupt darauf, so riesige Sandskulpturen zu bauen? Angeblich nutzten ägyptische Baumeister schon 3000 vor Christus Sandmodelle, um den Pharaonen zukünftige Riesenbauten zu präsentieren. "Gut möglich", so Lindel. "Was man aber ganz sicher weiß, ist, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem an der Ostküste Amerikas zahlreiche Sandskulpturen gebaut und auch Wettkämpfe veranstaltet wurden." Während des Zweiten Weltkriegs geriet das Thema in Vergessenheit, lebte jedoch in den 1960er-Jahren neu auf. Anfang der 19080er-Jahre brachte ein Holländer die Idee schließlich nach Europa.

Zu jener Zeit entdeckte auch Benno Lindel jene Kunst für sich. Während seines Spanisch-Studiums in Mexiko lernte er amerikanische Sandskulpteure kennen, denen er sich für einige Wochen anschloss. Als er Mitte der 1990er-Jahre bei einer Holland-Reise erneut auf Sandskulpturen stieß, beschloss er, sich darauf zu spezialisieren. "Meine erste Skulptur habe ich 1997 in Berlin gebaut, das war das Brandenburger Tor", sagt er. 2002 gründete er "Sandcity", die Firma gehört mit einem Pool von 40 Carvern mittlerweile zu den größten Europas.

Mittlerweile bauen Lindel und sein Team außerdem Eisskulpturen, und sogar eine Weltmeisterschaft der Sandskulpteure haben sie schon veranstaltet. Die Kunst des Sandskulpturenbauens wird also immer beliebter. "Wobei es wohl kaum ein Kunstmuseum gibt, das unsere Skulpturen als Kunst anerkennen würde", so Lindel. "Aber für uns ist es das schon irgendwie."