Nur eine Momentaufnahme

28. Juni "Schenefeld prüft, ob Friedhof am Sandstückenweg möglich ist"

Über die Aussagekraft der stichprobenhaften Bürgerbefragung am Tag der Landtagswahl ist schon viel gesagt geschrieben worden. Trotzdem müssen noch einmal ein paar Zahlen auf den Tisch, damit sich die Bürger selbst ein Bild darüber machen können, wie repräsentativ und aussagekräftig die Ergebnisse wirklich sind. Die Ratsversammlung selbst hat ja leider (oder aus gutem Grund?) den Antrag des AKV abgelehnt, einen Sachverständigen darüber urteilen zu lassen.

Am Wahltag haben 477 Bürger den Befragern geantwortet, für einen Friedhof waren 298, dagegen 179. Die Bürgermeisterin schreibt selbst in ihrer Information vom 9.5.12, dass "einige der Befragten" keine Stimme abgeben wollten, weil sie "bereits anderswo eine vorhandene Grabstätte" oder kein Interesse am Thema hatten. Deren Zahl ist offensichtlich unter den Tisch gefallen, aber korrekterweise hätten sie doch wohl eher den Nein-Stimmen zugeordnet werden müssen. Stattdessen wird von einer 62,5-prozentigen Zustimmung gesprochen. Das ist höchstens rechnerisch richtig, tatsächlich aber irreführend: Bezogen auf die 14 479 Wahlberechtigten entspricht die Beteiligung von 477 Personen gerade einmal 3,29 Prozent, der entsprechende Wert für die 298 Friedhofsbefürworter beträgt nur mickrige 2,06 Prozent. Dabei ist das Landtagswahlalter von 18 Jahren zugrunde gelegt, nicht jedoch das der Kommunalwahl von 16 Jahren. Denn nähme man diese Zahl der Wahlberechtigten, läge der Prozentsatz noch niedriger. Hat denn nicht auch die junge Generation ein Wörtchen mitzureden? Schließlich soll sie für die Rückzahlung der Investition und der zukünftigen jährlichen Unterdeckung von mindestens 100 000 Euro geradestehen. Interessant: Die Teilnehmer des ersten Jugendkongresses haben sich kürzlich gegen jede Form eines Friedhofes ausgesprochen!

Aber selbst wenn man als Bezugsgröße lediglich die 6822 Wähler nimmt, die zur Urne gegangen sind und mal eben die 1041 Briefwähler unberücksichtigt lässt, bleibt der Grad der Zustimmung mit 4,37 Prozent äußerst dürftig. Und so könnte man weitere Vergleiche anstellen, die alle zum selben Ergebnis führen: Das Befragungsergebnis ist nicht mehr als eine zufällige Momentaufnahme und keinesfalls repräsentativ. Darum wäre es angemessen gewesen, es durch einen Sachverständigen hinsichtlich seiner Aussagekraft bewerten zu lassen.

Wenn nun gebetsmühlenartig von Politik und Verwaltung weiterhin gesagt wird, es seien aber eben doch repräsentative Werte und damit ein Auftrag der Bürger, dann ist das schlichtweg unzutreffend. Selbstverständlich kann die Ratsversammlung jederzeit den Beschluss fassen, einen Friedhof zu bauen. Die Befragung aber in einen "Auftrag der Bürger" umzufunktionieren, geht nicht nur von falschen Voraussetzungen aus, es zeugt auch von Mangel an Mut, zu einer Entscheidung zu stehen. Und: es sind die gleichen Politiker, die sich sonst so leicht über den Bürgerwillen hinwegsetzen.

Heinz Grabert

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