Initiative ist empört über die Ablehnung des Bürgerbegehrens. Nun soll eine Genossenschaft die alte Stadtbücherei in Wedel retten.

Wedel. Helmut Plüschau, Wedeler SPD-Urgestein, ist stocksauer auf das Innenministerium in Kiel: "Bürger einfach so abzubügeln, das finde ich skandalös." Was den früheren Landtagsabgeordneten in Rage bringt, ist ein dreiseitiger Ablehnungsbescheid. Darin zerpflückt eine Sachbearbeiterin den Antrag auf ein Bürgerbegehren, die Stadt möge die "Schauburg" an der Bahnhofstraße, in der bis 1998 die Stadtbücherei untergebracht war, nicht verkaufen, sondern erhalten. Ein Widerspruch gegen den Bescheid ist möglich, die Initiatoren denken jetzt auch über die Gründung einer Bürgergenossenschaft zur Rettung des Gebäudes nach.

Das Bürgerbegehren enthalte keinen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Vorschlag zur Finanzierung des Projekts, kritisiert das Innenministerium. Die Formulierung der Initiative, "eventuell anfallende Instandhaltungskosten" seien im Haushalt der Stadt Wedel einzuwerben, reiche nicht. Plüschau: "Der Vorwurf aus Kiel ist verfehlt, das Geld steht ja sowieso im Haushalt." Auch gegenwärtig müsse das in städtischem Eigentum befindliche Gebäude unterhalten werden.

Anders als von Vertretern der Stadt, der CDU und der FDP dargestellt, sei das Haus weder marode noch koste die Sanierung eine halbe Million Euro. "Ich halte es für eine Verhöhnung von 13 Prozent der wahlberechtigten Wedeler Bürger, wenn man von ihnen verlangt, dass sie einen Kostendeckungsvorschlag machen sollen." Die Initiative formuliert jetzt ihren Widerspruch. Bis zum 10. Januar 2012 hat sie dafür Zeit.

Seit September hatten Plüschau, Wedels SPD-Chef Lothar Barop und Hartwig Ihlenfeldt von den Grünen sich für den Erhalt des 1928 erbauten Backsteinbaus stark gemacht. Das Gebäude, in dem ursprünglich ein Kino untergebracht war, war 1943 zerbombt und noch im selben Jahr wieder aufgebaut worden. Die Resonanz auf ihren Vorstoß war enorm. In weniger als zehn Wochen sammelte das Trio mit mehr als 30 Aktiven 3334 Unterschriften für ein Bürgerbegehren. 2600 hätten sie nur gebraucht. "Das habe ich in meiner politischen Laufbahn noch nie erlebt, dass Menschen zum Unterschreiben Schlange standen, noch bevor der Stand überhaupt aufgebaut war", sagt Barop.

Jetzt setzen die Initiatoren noch eins drauf: Hatten sie bislang nur verhindern wollen, dass das Filetgrundstück in bester Citylage, in dem auch der Mieterverein und die Wedeler Tafel Räume haben, verkauft wird, so planen sie nun die Gründung einer Bürgergenossenschaft. "Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur fordern, sondern Bürger ermutigen, auch etwas zu geben", sagt Barop. Nach dem Vorbild einer Genossenschaft in Leutkirch im Allgäu wollen sie von Privatpersonen, ansässigen Unternehmen, Stiftungen und vom Land Gelder einwerben, um die "Schauburg" Stück für Stück zu sanieren und zu betreiben. "Es wäre die letzte Chance auf ein Bürgerhaus in zentraler Lage", sagt Plüschau. Der ehemalige Kinosaal könne als Veranstaltungs- und Tourneetheatersaal genutzt werden. Oder als Markthalle. Ein Vorbild für eine solche Genossenschaft gibt es in Wedel bereits: Die frühere Arbeitersporthalle an der Bergstraße, an der die Wedeler Stein für Stein Anteile erwerben konnten.

"Viele Bürger haben das gesichtslose Schuhkartonambiente an der Bahnhofstraße satt", formuliert Plüschau. Die "Schauburg" habe für viele Wedeler einen historischen Wert, "sie verbinden damit viele persönliche Erinnerungen." Spätestens im Januar, so plant es der harte Kern der Initiative, der aus mehr als 30 Bürgern besteht, soll die Gründung der Bürgergenossenschaft konkret angegangen werden.

In punkto Architektur unterstützt auch Wedels FDP die Sichtweise der Initiative: "Zu Recht möchten viele Wedeler nicht, dass das Innenstadtbild zu beliebig und fantasielos wird", schreibt Parteichef Peter Heinze in einer Stellungnahme. Er plädiert deshalb dafür, die Backsteinfassade des alten Kinos architektonisch in einen Neubau einzubeziehen, der "den Charakter des bestehenden kleinteiligen Bildes der Bahnhofstraße" widerspiegele.

In allen anderen Punkten verteidigt Heinze allerdings den Plan der CDU-geführten Ratsmehrheit, das Grundstück zu verkaufen. Tafel, Mieterbund und das in der "Schauburg" ansässige Café würden angemessene andere Räumlichkeiten bekommen beziehungsweise finden, und die Stadt könnte die geschätzten Einnahmen von einer halben Million Euro gut gebrauchen.