Adventskalender: Ein Abendblatt-Reporter öffnet die Tür zum Atemschutzhaus der Kreisfeuerwehr. Dort üben Feuerwehrleute.

Tornesch. Von außen sieht es aus wie ein Einfamilienhaus. Seine 17 Räume bieten viel Platz und erstrecken sich über vier Etagen. Allerdings verfügt der Rotklinkerbau auf dem Gelände der Kreisfeuerwehrzentrale in Tornesch-Ahrenlohe weder über eine eigene Postadresse noch über einen Briefkasten. Im Innern fehlen unter anderem die sanitären Anlagen - und die wenigen vorhandenen Möbel stammen alle vom Sperrmüll.

Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um das 1997 errichtete Atemschutzhaus der Kreisfeuerwehr. Das Hamburger Abendblatt durfte sich im Innern des Übungsobjektes, das an 154 Übungstagen pro Jahr von etwa 1200 Feuerwehrleuten genutzt wird, einmal umsehen. Die meisten von ihnen bekommen von den Räumen jedoch nur wenig zu sehen: Um effektiv üben zu können, wird das Innere komplett verdunkelt und (dank Theaternebel) auch völlig vernebelt.

"Jeder Atemschutzträger muss einmal im Jahr im Atemschutzhaus eine Übung absolvieren", erläutert Michael Bunk, der Sprecher des Kreisfeuerwehrverbandes. Das Gebäude, dessen Errichtung den Kreis Pinneberg als Träger der Feuerwehr knapp eine Million Euro gekostet hat und das in Norddeutschland einmalig ist, steht exklusiv den Wehren aus dem Kreisgebiet zur Verfügung. Als Gäste sind manchmal Polizisten, die mit ihren Diensthunden proben, oder Zollbeamte für Übungen vor Ort.

Kernstück ist die Einsatzzentrale, wo häufig Udo Jahnke, der Kreisausbilder für die Feuerwehr-Atemschutzträger, das Sagen hat. Monitore übertragen die Bilder aus jedem einzelnen Raum des Hauses in die Zentrale, wo Jahnke vor einem Pult mit diversen Schaltplänen sitzt. Von hier aus kann er nicht nur sehen, wie es den Übungsteilnehmern in dem Gebäude ergeht, sondern er kann sie auch "triezen". Der erfahrene Ausbilder kann die Räume vernebeln, er kann durch das Schließen der Außenjalousien alles in stockfinstere Nacht tauchen. Ehrensache, dass auch Geräuscheffekte wie schreiende Menschen oder das Knistern eines Feuers den Adrenalinpegel der Feuerwehrleute ansteigen lassen. Und es gibt noch weitere Tricks: So lassen sich die Türen der Räume vom Pult aus elektronisch öffnen oder schließen, Wärmelampen die Temperatur in den Räumen gewaltig in die Höhe treiben und Blitzlichteffekte das Sehvermögen der Probanden auf die Probe stellen. "Wir können von hier aus eine Sprechverbindung in jeden Raum des Hauses herstellen", erläutert Jahnke. Sobald er zu hören bekommt, dass sich ein Lehrgangsteilnehmer verletzt hat oder die Übung abbrechen will, drückt der Ausbilder auf den Notknopf. Sofort gehen die Rollladen automatisch nach oben, die einzelnen Räume werden belüftet und der Geräuschpegel verebbt. "Wir hatten seit Inbetriebnahme des Hauses nur zwei Unfälle", erläutert Jahnke. Die Zahl der Feuerwehrleute, die während einer Übung das Handtuch warfen, liegt dagegen deutlich höher. Das ist auch verständlich, schließlich ist der Aufenthalt im Haus wenig komfortabel, wie der Autor dieses Artikels am eigenen Leib feststellen konnte.

Allein die Feuer hemmende Einsatzkleidung der Feuerwehrleute wiegt gefühlt diverse Kilo. Das ist jedoch nichts gegen das Gerät mit den Sauerstoffflaschen, das 18 Kilogramm schwer ist und dem Feuerwehrmann auf den Rücken geschnallt wird. Mit diesem Ballast versehen, geht es zunächst auf ein Laufband, um die körperliche Belastung in die Höhe zu treiben. Danach folgt der Einstieg in einen der Räume des Hauses, wo der Zwei-Mann-Trupp im stockfinsteren über den Boden robbt und sich zu orientieren versucht. Eine kaum zu bewältigende Aufgabe, schließlich stehen - wie oft auch bei richtigen Einsätzen - dauernd Möbel im Weg, weitere Hindernisse wie Paletten oder enge Durchgänge erschweren das Vorwärtskommen ebenfalls. Im Keller, wo sich auch eine Anlage zum Simulieren von Gefahrgutunfällen befindet, gibt es zudem ein kompliziertes Wegessystem, das an einen Irrgarten erinnert.

Kein Wunder, wenn da Panik aufkommt und einem so manches Mal die Luft wegbleibt. Zum Glück sind im Atemschutzgerät 1600 Liter Luft vorhanden, die bei hoher körperlicher Belastung für 20 bis 30 Minuten ausreicht.

"Es gibt heute kaum noch ein Feuer, bei dem unsere Kräfte ohne Atemschutz auskommen" erläutert Feuerwehrsprecher Michael Bunk. Daher sei es umso wichtiger, dass regelmäßig und so realistisch wie nur irgendwie möglich geübt werde. Übrigens kommt niemand ins Atemschutzhaus, der nicht über eine absolute körperliche Fitness verfügt. So muss eine Untersuchung nach G 26.3 bestanden werden. Sie umfasst eine ärztliche Befragung, einen Seh- und Hörtest, eine Lungenfunktionsprüfung, ein Belastungs-EKG, eine Urinanalyse sowie gegebenenfalls eine Röntgenuntersuchung von Herz und Lunge.