Experte für Wirtschaftsspionage vom Kieler Innenministerium gibt Tipps beim Unternehmer-Frühstück in Uetersen

Uetersen. "Sicherheit ist kein Zustand. Sicherheit ist Verhalten", sagte Torben Kahlo vom Innenministerium in Schleswig-Holstein. Der Experte für Spionageabwehr hielt vor rund 15 Teilnehmern des siebten "MIT Unternehmer-Frühstücks" im Hotel Mühlenpark in Uetersen einen Vortrag zum Thema Wirtschaftsschutz. 44 Prozent der Unternehmen haben keinen Internetschutz, so seine Bilanz. Damit sind sensible Daten Angriffen durch russische und chinesische Hacker schutzlos ausgeliefert. Die Wirtschaftsverbände in Deutschland beziffern den Schaden allein durch russische Spionage auf 20 Milliarden Euro. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.

Wie real die Bedrohung aus dem Ausland ist, veranschaulichte Torben Kahlo an mehreren Beispielen. Er berichtete von einem Maschinenbauingenieur, der vom Geheimdienst SWR angeworben wurde. Zwischen 2004 und 2006 reichte er für lediglich 13 000 Euro vertrauliche Unterlagen, Betriebsanleitungen und technische Details zu Hubschraubern während konspirativer Treffen im In- und Ausland an die russischen Agenten weiter. Als er auch nach dem Kampfhubschrauber "Tiger" ausgefragt wurde, bekam er es mit der Angst zu tun und schaltete den Verfassungsschutz ein.

Angesichts der Mitarbeiterzahlen des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit (MSS), hier arbeiten 800 000 Menschen, scheint die Gefahr aus dem Reich der Mitte weitaus größer. "Die Chinesen arbeiten nach dem Staubsaugerprinzip", sagt Torben Kahlo. Sie saugen alles ab, was sie kriegen können. Wer sich als Staatsziel auf die Fahnen geschrieben hat, bis 2020 Weltmacht Nummer eins zu sein, darf mit der Wahl seiner Mittel offensichtlich nicht zimperlich sein.

Oft genug würden in Fernost arbeitende Ausländer ausspioniert, indem ihre privaten Unterkünfte verwanzt würden. Auch Gaststudenten aus China, die einen großen Patriotismus mitbringen, sollten Unternehmer laut Kahlo besser im Blick behalten. Das gilt auch für chinesische Delegationen, wie das Beispiel einer mittelständischen Firma aus Kolbermoor zeigt. Bei einem Rundgang durch das Produktionswerk wunderte sich ein Mitarbeiter über das eigenartige Verhalten eines Besuchers. Wie sich herausstellte, machte der in 007-Manier fleißig Fotos mit einer als Gürtelschnalle getarnten Kamera.

Selbst Kanzleramt und Ministerien wurden durch chinesische Trojaner infiltriert. Im Mai 2007 wurden gefälschte E-Mails an dessen Mitarbeiter angeblich im Namen der Weltgesundheitsorganisation WHO verschickt. Im Anhang Trojaner, die das unbemerkte Ausspähen der Computer ermöglichten. Besonders groß ist das Risiko, das von chinesischen Hackern ausgeht, für deutsche Mittelständler, die ihr Netzwerk aus finanziellen Gründen nicht durch eine aufwendige Sicherheitsarchitektur schützen können, so wie große Betriebe. "Seien Sie aufmerksam

Damit keine internen Informationen nach draußen dringen, rät Torben Kahlo zu einem achtsamen Umgang mit sozialen Netzwerken wie Facebook. Sogar ein Facebook-Verbot für Mitarbeiter sollten Chefs erwägen. Große Firmen wie Porsche machen es vor. Denn Geheimdienste spähen auch diese Kanäle systematisch aus. "Sensibilisieren sie ihre Mitarbeiter für das Thema Wirtschaftsspionage", sagt er. "Und erklären sie Sicherheit zur Chefsache."

Ein Sicherheitskonzept ergebe auch bei mittelständischen Unternehmen Sinn, ebenso ein IT-Profi. Zudem sollte das "Need-to-know-Prinzip" gelten - nicht jeder muss alles wissen. Verdachtsfälle sollten dem Verfassungsschutz gemeldet werden, sagt der Sicherheitsexperte. Hilfe kommt auch vom Nationalen Cyber-Abwehrzentrum. "Wirtschaftsschutz ist Teamwork", zog Torben Kahlo am Ende seines Vortrages sein Resümee.

Über die Grenzen der eigenen Branche hinaus blicken und Kontakte knüpfen, darum geht es auch der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) Uetersen. Sigrid Janßen übernahm am Donnerstag den Vorsitz und löste Claudia Riesner ab.