Berufungsverhandlung für Polizisten, der wegen eines Reizgas-Einsatzes eine Geldstrafe zahlen soll

Uetersen. Zweite Runde im Pfefferspray-Prozess: Am Dienstag muss sich der Uetersener Polizist Ralf P. erneut wegen eines Reizgas-Einsatzes vor Gericht verantworten. Anfang Juni hatte das Amtsgericht Elmshorn den Hauptmeister wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe von 6300 Euro verurteilt und sein gewaltsames Vorgehen als nicht gerechtfertigt angesehen. Das Urteil hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt - und einen Krach im Kieler Landeskabinett ausgelöst.

Eine Woche nach dem Urteil bekam die dafür verantwortliche Richterin Post von Innenminister Klaus Schlie (CDU). Der ließ kein gutes Haar an der Entscheidung und schrieb, dass er "die möglichen Folgen Ihrer Entscheidung für nicht unproblematisch" hält. Daraufhin bekam Schlie selber Post - und zwar von seinem für Justiz zuständigen Amtskollegen Emil Schmalfuß (parteilos). Der bezeichnete Schlies Richterschelte "als nicht hinnehmbar".

Vor diesem Hintergrund wird mit Spannung auf das Urteil der zweiten Instanz gewartet. Polizist Ralf P. und seine Verteidigerin Uta Scheel hatten Berufung gegen den Richterspruch eingelegt. Als Berufungskammer wird die 3. Kleine Strafkammer des Landgerichts Itzehoe von 9 Uhr an den Fall komplett neu aufrollen.

Dann wird es erneut um zwei Fragen gehen. Hatte Polizist Ralf P. den Einsatz des Pfeffersprays vorher angedroht? Und hätte er das Reizgas angesichts der Situation überhaupt benutzen dürfen? Der Einsatz, der jetzt erneut Gegenstand des Gerichtsverfahrens ist, spielte sich am Abend des 25. September vorigen Jahres in der Wohnung von Manfred M. in Uetersen (Paul-Mischke-Allee) ab. Der Einsatzbefehl lautete auf ruhestörenden Lärm. Manfred M. war den Beamten als gewaltbereit und aggressiv bekannt - und die waren in der Stunde zuvor bereits zwei Mal mit Straftaten des Mannes befasst gewesen. Beim dritten Einsatz knallte Manfred M. den Beamten die Tür vor der Nase zu und drehte wenig später die Musik wieder lauter. Als die beiden eingesetzten Polizisten den betrunkenen Mann daraufhin in Gewahrsam nehmen wollten, setzte der sich demonstrativ auf die Couch und kündigte an, erst eine rauchen zu wollen.

Was dann passierte, ist strittig. Ralf P. gab an, er habe dem Uetersener den Einsatz von Reizgas für den Fall angedroht, dass er nicht mitkomme. Diese Aussage bestätigte Harun Ö., der zweite eingesetzte Beamte, vor dem Amtsgericht Elmshorn. Allerdings: Im Einsatzbericht, den beide Beamten nach dem Vorfall schrieben, fehlte dieser Passus. Und auch Manfred M., der als Zeuge aussagte, bestritt, dass der Einsatz von Reizgas vorher angedroht worden sei.

In erster Instanz hatten sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Richterin dieser Auffassung angeschlossen. Außerdem kamen beide zu dem Schluss, dass das Pfefferspray auch im Fall einer Androhung nicht hätte benutzt werden dürfen, weil von Manfred M. allenfalls passiver Widerstand ausgegangen sei. Erst im Fall eines Angriffs auf die Beamten hätten die sich gewaltsam zur Wehr setzen dürfen.