Der Litauer Arturas S., der in Pinneberg einen Landsmann niederstach, erhält Bewährungsstrafe

Pinneberg/Itzehoe. Ein Angeklagter, der sich bei den Richtern für das Urteil bedankt, gibt es nicht alle Tage. Arturas S. bildete gestern die Ausnahme. Die Freude des 46-Jährigen über das Strafmaß der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe war nachvollziehbar: Mit zwei Jahren auf Bewährung kam der Litauer, der in Pinneberg einen Landsmann mit einem Messer verletzt und den die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags angeklagt hatte, mit einem blauen Auge davon. Das lag an dem Geständnis des Angeklagten - und daran, dass die Verurteilung nur wegen gefährlicher Körperverletzung erfolgte.

Am Morgen des 28. Juli 2010 war es in einer Wohnung an der Pinneberger Dingstätte zum Streit zwischen dem Angeklagten und Artur P. gekommen. "Wir haben zusammen mit weiteren Männern Alkohol getrunken", erinnerte sich der Angeklagte, dessen Aussage von einem Dolmetscher übersetzt wurde. Schließlich seien sie nur noch zu Dritt in der Wohnung gewesen - und Artur P. habe volltrunken auf Einbruchstour gehen wollen. "Ich habe ihm gesagt, 'mach' das nicht, wir wollen hier keine Probleme'", so Arturas S. Sein Freund habe jedoch nicht auf ihn gehört. "Ich hatte ein Messer aus der Küche, mit dem wir die Bierflaschen aufmachten. Damit wollte ich ihn ein paar Mal anpieksen, um ihn zur Ruhe zu bringen." Der Plan sei daran gescheitert, dass sich der Kontrahent plötzlich wegdrehte und "ich zu viel Schwung hatte", wie der 46-Jährige einräumte.

Die Folge war, dass das Messer tief in den Unterbauch von Artur P. eindrang und die Leber verletzte. Eine Notoperation im Krankenhaus rettete dem lebensgefährlich Verletzten das Leben. Der Wohnungsinhaber, der sich ebenfalls dort aufhielt, rief für Artur P. einen Arzt - und warf Arturas S. raus, der daraufhin in sein Heimatland flüchtete. In Vilnius wurde er am 9. März festgenommen und am 1. Juni nach Deutschland ausgeliefert, wo er seitdem in Untersuchungshaft saß.

"Ich wollte ihn nicht töten, ich kenne ihn seit der Schule, er ist wie ein Bruder für mich", beteuerte der Angeklagte. Er berichtete, wie er mit dem Freund aus Schultagen auf der Suche nach Arbeit durch Europa tourte - und wie es kurz vor dem Ziel in Dänemark in Hamburg zu einem Verkehrsunfall kam. "Wir brauchten Geld für die Reparatur des Wagens und für die Unterkunft." Letztere fanden beide bei einem Pinneberger, den sie in der Drogenszene am Hamburger Hauptbahnhof kennenlernten. Das Geld für die Bleibe und die Wagenreparatur kam, wie der Angeklagter einräumte, durch Ladendiebstähle seines Freundes zusammen.

Ein Tötungsvorsatz, so begründete Richter Eberhard Hülsing das milde Urteil, sei dem Angeklagten nicht nachweisbar. Zuvor war auch Staatsanwältin Sarah Führer vom Anklagevorwurf abgerückt und hatte eine Bewährungsstrafe beantragt. Der Angeklagte und sein Verteidiger Jürgen Osbahr nahmen das Urteil an. Der Haftbefehl gegen Arturas S. wurde von der Schwurgerichtskammer aufgehoben, er kann jetzt in seine Heimat zurückkehren.