Gewerkschaft spricht von wahltaktischen Manövern

Kreis Pinneberg. Die aktuelle Diskussion um die Einführung einer allgemein verbindlichen Lohnuntergrenze in der CDU sehen die Gewerkschaften äußerst kritisch. Ralf Schwittay, Verdi-Bezirksgeschäftsführer, sieht in dem Vorstoß von CDU-Chefin Angela Merkel gar "wahltaktische Manöver". "Ich sehe in der CDU keine Mehrheit für einen Mindestlohn", so Schwittay, der die Rhetorik der Mindestlohn-Kritiker als überholt ansieht: "Kein Arbeitsplatz geht durch einen Mindestlohn verloren", sagt er. Zuvor hatte Heinrich Ritscher, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste im Abendblatt die Befürchtung geäußert, durch die Einführung einer Lohnuntergrenze gingen auch Arbeitsplätze in der Region verloren.

Auch in der CDU wird, wie am Wochenende auf dem Lübecker Parteitag, vor allem hinter den Kulissen über die Kehrtwende der Parteichefin debattiert. "Ich finde es richtig, dass die CDU den Mindestlohn diskutiert, solange klar ist, dass die Tarifautonomie unangetastet bleibt", sagt Natalina Boenigk, CDU-Bürgervorsteherin in Pinneberg. "Mit einem politisch festgelegten Mindestlohn würden wir vor allem niedrig qualifizierte Menschen vom Arbeitsleben ausschließen."

Wissenschaftler gehen allerdings vom Gegenteil aus, befürchten keinerlei Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Welche Auswirkung haben Mindestlöhne also tatsächlich auf die Beschäftigung der Niedrigqualifizierten?

Beispiel Zeitarbeit: Gerade in dieser Branche sind besonders viele un- oder niedrig qualifizierte Menschen beschäftigt. Seit 1. Mai gilt auch hier ein Mindestlohn, aktuell beträgt er 7,89 Euro. Zeitarbeitsfirmen werden für den Arbeitsmarkt im Kreis immer wichtiger. "Rund ein Drittel aller Jobangebote kommen mittlerweile aus dem Zeitarbeitsbereich", sagt Gerold Melson, Sprecher der Elmshorner Arbeitsagentur. Trotz der Einführung eines Mindestlohnes konnte er keine negativen Auswirkungen bei der Beschäftigung feststellen.

Die Zeitarbeitsfirmen selbst haben sich mittlerweile mit der Lohnuntergrenze arrangiert. "Es war nicht jedem Kunden zu erklären, dass er auf einmal mehr zahlen sollte, doch das konnten wir ausgleichen. Entlassen mussten wir niemanden", sagte Eugen Hundeshagen, Geschäftsführer der gleichnamigen Zeitarbeitsfirma, die im Kreis Pinneberg auch Niedrigqualifizierte wie Schulabbrecher beschäftigt.

Verdi vermutet trotz des Mindestlohns weiterhin Lohndumping bei Zeitarbeitsfirmen: "Ich kenne genug Niedrigqualifizierte, die aus Unwissenheit Löhne unter dem Mindestlohn bekommen", sagt Ralf Schwittay. Vor allem in der Zeitarbeit lebten viele Firmen auf Kosten des Steuerzahlers. Schließlich würden Dumpinglöhne durch die "Aufstockerregelung" aus öffentlichen Mitteln bezuschusst, sagt er. Für ihn bleibt: "Wer gegen den Mindestlohn ist, macht Politik gegen die Menschen."