Ernst Dieter Rossmann, Bundestagsabgeordneter für den Kreis Pinneberg, betreut US-Stipendiatin Abigail VandenBerg.

Bokel. Es war August, als die 15-jährige Abigail VandenBerg merkte, dass sich ihr Leben bald verändern würde. Die Schülerin aus dem 429-Seelen Dorf Gustavus im US-Bundesstaat Alaska hat ein Stipendium bekommen - das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) - für das Schuljahr 2011/2012. Sie gehört zu den auserwählten Jugendlichen, die wegen ihrer guten schulischen Leistungen die Möglichkeit bekommen, ein Jahr lang bei einer Gastfamilie in Deutschland zu leben. Die sportliche Stipendiatin konnte es seit der Zusage kaum erwarten, raus, in die Welt zu gehen. "Gustavus ist so klein und dort denkt jeder einseitig", sagt sie. "Zu Hause haben mir einige Mitschüler gesagt, in Deutschland esse man nur Würste und die Menschen seien sehr kühl und unfreundlich." Trotz Skepsis und Vorurteilen, ließ sich Abigail nicht beirren und wollte es wissen, wie es wirklich in dem so genannten "Wurstland" ist. Von engen Freunden habe sie schließlich nur positives über das Land in Europa gehört.

Nun ist Abigail VandenBerg, Tochter einer Lehrerin und eines Rangers, hier in Deutschland und lebt seit drei Monaten bei ihrer deutschen Gastfamilie in Bokel im Norden des Kreises Pinneberg. "Mein Haus in Alaska ist aus Holz, es ist alles anders hier", sagt die 15-Jährige, in gutem Deutsch. Die ersten drei Wochen in Deutschland hat sie in Hamburg verbracht, in einem Sprachcamp. "Zum Ankommen war das perfekt. Ich konnte mich eingewöhnen, mit den anderen Austauschschülern Englisch reden und Sightseeing in Hamburg machen," sagt Abigail. Dass Bokel ein ruhiges Dorf ist, stört sie nicht. Eher wundert sie sich, dass die Menschen sich hier zum Leben in die Stadt drücken. Für die Stipendiatin ist Deutschland ein kleines Land und vergleicht es mit dem US-Bundesstaat Montana. "Hier in Deutschland bin ich immer schnell irgendwo, zum Beispiel nehme ich den Bus und dann fahre ich nach Elmshorn."

In Alaska sei das nicht möglich, die Entfernungen seien riesengroß. Wenn Abigail an ihren Heimatort Gustavus denkt, dann kichert sie und sagt: "In Gustavus gibt es mehr Hirsche als hier Menschen."

Ernst-Dieter Rossmann, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Kreis Pinneberg, betreut Abigail VandenBerg als aktuelles US-Patenkind des Austauschprogramms. Er ist beeindruckt von seinem US-Patenkind: "Abigail ist eine freundliche junge Frau. Ich freue mich, eine Führung im Bundestag für sie organisieren zu können."

Die Stipendiatin besucht die 10. Klasse des Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Gymnasiums in Barmstedt. Da alle Zehntklässler ein zweiwöchiges Praktikum absolvieren müssen, hat sie zum Auftakt in Deutschland ihr Praktikum an der Elmshorner Leibnizschule absolviert. "Als English-Teacher habe ich gearbeitet und von Alaska erzählt", sagt sie. Laut Patenschaftsprogramm sollen die Jugendlichen Botschafter ihres Landes sein und einen dauerhaften Beitrag zu einer besseren Verständigung zwischen Amerikanern und Deutschen leisten. Und genau das möchte Abigail VandenBerg auch tun: "Es gibt viele Vorurteile zwischen Amerikanern und Deutschen. Auf beiden Seiten. "In Alaska lernen wir zum Thema Deutschland alles über den zweiten Weltkrieg und viele junge Leute meinen, es sei immer noch so hier. In Deutschland glauben auch viele, dass alle Menschen in Amerika dick sind und die ganze Zeit essen."

In Bokel schaut Abigail häufig Fernseh-Nachrichten. Das hat sie daheim nicht getan. "Ich schalte den Fernseher ein und sehe hier Meldungen über Frankreich, Griechenland, England, Amerika." Die USA seien so riesig, da gebe es kaum Nachrichten aus anderen Teilen der Welt. "Es ist sehr international hier, meine deutschen Mitschüler sprechen alle Englisch und sie lernen auch noch andere Sprachen."

Dass sie zurzeit nicht zu den super guten Schülern wie in Gustavus gehört, findet Abigail nicht schlimm. "Schließlich lerne ich ja in einer Fremdsprache." Nur eine Sache findet das Mädchen überraschend: "Hier treiben die Jugendlichen wenig Sport. In Gustavus trainiere ich jeden Tag bis 18 Uhr und erst danach erledige ich meine Hausaufgaben. Ich habe das Gefühl, hier sitzen die Schüler nur über den Hausaufgaben."

Ihre Gasteltern Andreas Wilk und Christiane Tropschug haben die Austauschschülerin ins Herz geschlossen. "Im Dezember fahren wir gemeinsam in die Winterferien zum Skilaufen", sagt Christiane Tropschug.