Ernst-Barlach-Preis geht an den Hamburger Maler Frank Wiebe. Ausstellung bis zum 18. Dezember

Wedel. Sprühende, wirbelnde Strukturen in zarten Pastelltönen: Auf den ersten Blick ziehen die großformatigen, abstrakten Tafelbilder, die der Maler Frank Wiebe im Wedeler Ernst-Barlach-Haus ausstellt, den Betrachter mit einer regelrecht heiter wirkenden Helligkeit in ihren Bann. So lachen die roten Blumen im ältesten Werk der Ausstellung, "Fleurs du mal" ("Blumen des Bösen"), den Betrachter zunächst scheinbar an. Doch - der beim französischen Lyriker Baudelaire entlehnte Titel deutet es schon an - bei näherem Hinsehen kippt die Angelegenheit. Die Blumen werden zur Bedrohung für ihre Umgebung. Ähnlich verläuft der Rezeptionsprozess bei den Arbeiten der Serie "Desert and Fruit" ("Wüste und Obst").

Von einer impressionistisch hell getupften Farbfläche hebt sich in saftigem Violett eine Fantasiefrucht ab. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich: Die Frucht verwelkt unter den unbarmherzigen Bedingungen der gleißend hellen Wüste, die auch eine arktische Einöde sein könnte. Plötzlich wirkt das Bild alles andere als friedlich, in der Tiefe lauern Abgründe. "Frank Wiebe bietet Bildräume an, die es dem Betrachter ermöglichen, fantastische Reisen durch den Kosmos zu unternehmen", beschreibt Jürgen Doppelstein, Leiter des Barlachhauses in Wedel die spezielle Eigenheit der Malerei des Hamburgers, der an der Berliner Hochschule der Künste bei Klaus Fußmann studierte. Und genau deshalb verlieh Doppelstein als Juror und Vertreter der Barlachgesellschaft dem 1959 geborenen Künstler den diesjährigen Ernst-Barlach-Preis am Sonntag im Rahmen einer feierlichen Vernissage.

Die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung vergibt die Barlachgesellschaft seit 1995 in unregelmäßigen Abständen, zuletzt an die Neo-Rauch-Schülerin Henriette Grahnert aus Leipzig.

"Die Faszination eines Bildes darf nicht nachlassen, das muss intensiv bleiben", beschreibt Wiebe selbst seinen Anspruch. Das funktioniert auch mit dunklen Farben: Ob das Bild "Blax" den Weltraum oder die lichtarme Tiefsee reflektiert, liegt im Auge des Betrachters. Die 17 Arbeiten, die er jetzt bis zum 18. Dezember im Obergeschoss des Barlach-Hauses zeigt, erfüllen diese Kriterien spielend. Seine Kunst eröffnet dem Betrachter fast unendliche Interpretationsmöglichkeiten, ohne dabei mit Beliebigkeit zu langweilen.

Er komponiert kraftvolle, spannende Hingucker, verfremdet und bricht die Realität mit kreativen Mitteln. Sein Thema: die Natur. Die Motive schöpft er aus sich selbst, aus der Auseinandersetzung mit eigenen Erlebnissen, vor allem mit Literatur. "Meine Malerei ist eine Form der Selbsterkundung."

Wiebes Werke sind bis zum 18. Dezember im Barlach-Museum, Mühlenstraße 1, zu sehen, und zwar dienstags bis sonntags jeweils von 11 bis 19 Uhr. Der Eintritt kostet fünf Euro.