Theater Wedel brilliert mit bissiger Komödie “Mein Freund Harvey“

Wedel. Witzig, bissig, pointiert - und einfach mitreißend gut gespielt: Mit Mary Chases gesellschafts-kritischem Komödienklassiker "Mein Freund Harvey" hat das Ensemble des Theater Wedel einen Volltreffer gelandet. Mit spontanen Lachsalven und minutenlangem Beifall quittierten die annähernd 100 Premierengäste auf den ausverkauften Rängen die reife Leistung der Amateure.

Mit feinem Gespür für den komischen Effekt akkurat gesetzter Pointen hielten die Darsteller unter der Regie von Günter Hagemann ihr Publikum unter Spannung - vom clever inszenierten Vorspann bis zum überraschenden Finale. Mit dem Kunstgriff, Besetzungsliste und Bühnenteam wie den Vorspann eines Kinofilms der 50er-Jahre auf einer transparenten Gaze vor der dunklen Bühne ablaufen zu lassen, versetzt Hagemann, der mit Frank Dostal auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, die Zuschauer geschickt in die Ära Adenauer, noch bevor sich der erste Vorhang öffnet und den Blick auf die ambitionierte Gutbürgerlichkeit der deutschen Wirtschaftswunderepoche frei gibt.

Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund - komplett mit Kaminsims und Ölschinken - entfaltet das Ensemble um die Titelfigur, den 2,05 Meter großen weißen Hasen "Harvey", der allerdings nur vom schrulligen Bernhard Dietrich (exzellent in der Rolle des liebenswerten, beinahe penetrant arglosen Menschenfreunds, der seine höflichen Manieren an den Rand des Absurden überperfektioniert: Jan Krogmann) gesehen wird, eine saftige, gelegentlich burleske Farce. Mit scharfem Blick für die Schattenseiten der gediegenen Gesellschaft nimmt Autorin Chase, die das Stück ursprünglich in den USA der 30er-Jahre angesiedelt hatte, bürgerliche Konventionen aufs Korn: den Ehrgeiz der verwitweten Schwester Anna-Luise Weber (glänzend als Figur zwischen gesellschaftlichem Ehrgeiz und moralischen Zweifeln: Eva Stahl), die bei dem Bruder Bernhard und ganz nebenbei auch von seinem Geld lebt, ihre Tochter Margret (Britta Meiners) vorteilhaft unter die Haube zu bringen. Und die ihren Bruder samt seinem unsichtbaren Freund vor allem als Störenfried bei der Suche nach einem vermögenden Ehekandidaten für ihre Tochter sieht. Oder die fragwürdigen Methoden des Psychiatrie-Papstes Dr. Leinemann (Gerhard Seel) und seines Assistenten Dr. Stüber (Yashar Mokhtary), der ein Auge auf die knackige Oberschwester Keller (Doris Biebau) geworfen hat.

"Mein Freund Harvey" läuft bis zum 23. Dezember an allen Wochenenden im Theater Wedel, Rosengarten 9. Alle Termine stehen auf der Website www.theater-wedel.de . Der Vorhang hebt sich jeweils um 20 Uhr, Karten gibt es dienstags und donnerstags im Theater und unter der Telefonnummer 04103/52 50 oder im Wedeler Buchhaus Steyer, Bahnhofstraße.