Regio-Kliniken lassen Mitarbeiter von der Elmshorner Speeldeel schulen. 20 Ärze und Pfleger lernen nach Feierabend Plattdeutsch.

Kreis Pinneberg. An den Regio-Kliniken des Kreises Pinneberg lernen 20 Ärzte und Pfleger Plattdeutsch - nach Feierabend. Freiwillig haben sie sich für die Schulung gemeldet. Das Ziel ist, über den heimatlichen Dialekt leichter Zugang zu den Patienten zu bekommen.

"Na, wie geiht die dat?" Oft reicht diese Frage nach dem Wohlbefinden aus, um den zumeist älteren Kranken am Morgen aus der Reserve zu locken. Diese und andere Floskeln sollen gelernt werden - auf sehr spielerische Weise. Als Sprachlehrer konnten Mitglieder der Elmshorner Speeldeel engagiert werden, und die setzen auf Rollenspiele und viel Spaß beim Schnacken.

An sieben Abenden treffen sich die Männer und Frauen in den Räumen der ehemaligen Uetersener Klinik. "Das Interesse an der Sprache ist groß, nur unser Schichtdienst verhindert bei vielen eine regelmäßige Teilnahme. Wir werden die Terminierung beim nächsten Durchgang verbessern", sagt Dr. Thorsten Wygold, Ärztlicher Direktoren der Krankenhäuser in Pinneberg, Elmshorn und Wedel. Bereits im Vorwege der Plattdeutsch-Schulung, die vom Elmshorner Lions-Club finanziell unterstützt wird, hatten sich zahlreiche Pfleger und Ärzte mit Ansteckern versorgt, die darauf hinweisen: "Ick snack Platt".

Dr. Wygold geht mit gutem Beispiel voran. Der Westfale hat in der eigenen Familie erfahren, wie schwierig es für Menschen ist, sich auf die hochdeutschen Anweisungen des Krankenhauspersonals einzulassen. "Mein 95 Jahre alter Schwiegeropa wurde richtig renitent in der Klinik. Ein Satz im Dialekt hätte ihn bestimmt aufgemuntert."

Speeldeel-Darsteller Gerhard "Gerdi" Richert kann ebenfalls aus eigenem Erleben berichten. Wenn die Pflegerin seine Mutter aufforderte "Frau Richert, trinken Sie bitte ihr Wasser aus!" gab es oft nur einen wütenden Blick. Beim Sohn klappte es dagegen widerspruchslos. Er bat seine Mama: "Mutti, drink mol een beeten watt!"

Die Speeldeel-Kollegen freuen sich schon riesig auf die Seminarabende. Sie haben bereits einige typische Szenen für die Begegnung im Krankenhaus geübt.

Die Idee für das Plattdeutsch-Projekt hatten Dr. Wygold und Sebastian Kimstädt, Pressesprecher der Regio-Kliniken, gemeinsam entwickelt. Beim Mutterunternehmen, der Sana AG, ist das Modell ebenfalls auf hohes Interesse gestoßen und soll im Erfolgsfall bundesweit in den Einrichtungen übernommen werden. Sana-und Regio-Geschäftsführer Otto Melchert ist ohnehin bekennender Plattsnacker. Dass heimatlicher Dialekt hilft, mögliche Barrieren zwischen Krankenhauspersonal und Patienten beiseite zu räumen, ist seit mehreren Jahren bekannt. Das Institut für niederdeutsche Sprache veranstaltete 2008 in Schleswig ein Seminar unter dem Titel "Plattdeutsch und Friesisch in Krankenhäusern und Pflegeheimen". Die Dokumentation mit den Ergebnissen der Tagung wird immer wieder vom Institut, das in Bremen sitzt, an interessierte Einrichtungen verschickt.

Besonders in Ostfriesland nahmen einige Kliniken das Konzept auf. So wirbt beispielsweise das Krankenhaus in Wittmund mit mundartsprachlichen Pflegern und Medizinern. Im israelitischen Krankenhaus in Hamburg war 2007 ein Modellversuch einer zweisprachlich geführten Station vom Radiosender NDR 90,3, der diverse plattdeutsche Sendungen ausstrahlt, unterstützt worden.