Trio Lundial schwankt beim Konzert im Pinneberger Ratssaal zwischen Genialität und Mittelmaß

Pinneberg. Extremer hätten die Kontraste kaum ausfallen können: Zwischen absoluter musikalischer Spitzenklasse und einer - vorsichtig ausgedrückt - verzichtbaren Komposition lag beim Konzert des Trio Lundial im Ratssaal nur die Pause. Hier der kompositorische Feinschliff, der die Sonate "Undine" des Königlich dänischen Hofpianisten Carl Reinecke (1824-1910) zum unsterblichen Welthit des Genres Klavier und Flöte gemacht hatte, dort die mehr oder weniger hingehauene f-Moll-Sonate des Mailänder Oboenvirtuosen Carlo Yvon (1798-1854). Da war die ganze Kunstfertigkeit der renommierten Pianistin Alessandra Gentile verschwendet, und auch Duo-Partner Dirk-Michael Kirsch am Englisch Horn konnte nichts mehr retten.

Der Gegensatz fiel besonders krass aus, weil Gentile und Flötist Luciano Tristaino die mehr als 100 Zuhörer zuvor mit einer erstklassigen Interpretation der "Undine" verwöhnt hatten. Die fließende Melancholie des Allegro, lässig und leichthändig von Tristaino in den Saal gezaubert, die filigranen Melodielinien des Intermezzo behutsam und auf den Punkt intonationssicher gespielt - das war ein romantischer Ohrschmeichler vom Feinsten. Und dabei balancierten Gentile und Tristaino souverän auf dem schmalen Grat zwischen Kitsch und Kunst, ließen die betörende Lieblichkeit der Sonate nie ins Übersüße kippen. Blitzschnell schaltete sie im Andante von stürmischer Dramatik auf sanfte Anmut, ihr Spiel klang dicht.

Pianistin Gentile, die in der vergangenen Saison bei einem Soloabend mit zwei der schwersten Stücke der Klavierliteratur überhaupt ihr exzellentes Können unter Beweis gestellt hatte, nahm sich zurück. Sie gab Tristaino Raum, den Flötenpart charismatisch zu gestalten, meisterte die rhythmischen und dynamischen Tücken des Reinecke-Klassikers aber in gelungener Synchronität.

Am 18. November werden Pinnebergs Klassik-Liebhaber erneut die Gelegenheit haben, die "Undine" zu hören. Dann präsentieren Staatsopern-Flötist Björn Westlund und Kollegen der Hamburger Philharmoniker ihre Version davon, ebenfalls ab 20 Uhr im Ratssaal.

Und der Rest des Abends? Zwischen zwei eher mittelmäßigen Trios aus der Feder von Friedrich Kuhlau (1786-1832) und dem ebenfalls nur Spezialisten bekannten Friedrich A. Kummer (1795-1870) schimmerten die "Scènes de la foret" (Waldszenen) für Flöte, Englisch Horn und Klavier der Französin Melanie Bonis (1858-1937) wie eine edle Perle. Dieser Viersätzer hatte Klasse: vom fesselnden Einstieg ins Nocturne bis zum forschen Finalsatz Pour Artémis. Das flirrte, schwebte, wirbelte. Das strahlte Lebendigkeit und Frische aus. Mit ihrem präzisen, in jeder Sekunde kontrollierten Spiel adelte Gentile das dichte Spiel der beiden Holzbläser. Und die meisterten auch ihre gemeinsamen Ausflüge in extreme Höhen souverän - gerade für zwei Bläser eine haarige Angelegenheit.

Diese Abstimmung klappte nicht immer so brillant. Im Gegenteil: Insgesamt gesehen litt das Auftaktkonzert neben den zum Teil schwachen Kompositionen vor allem unter diesen musikalischen Reibungsverlusten. Beim nächsten Konzert am Freitag, 28. Oktober, serviert das eingespielte Duo Fumiko Shiraga und Cord Garben reine romantische Klavierkost - von Schubert bis Tschaikowsky. Beginn: 20 Uhr.