Friedel Anderson, einer der renommiertesten Maler Norddeutschlands, zeigt in Uetersen Bilder von Rosarium und Marsch

Uetersen. Wer Friedel Anderson besuchen will, braucht ein bisschen pfadfinderisches Geschick. Abgeschieden lebt einer der bekanntesten zeitgenössischen Maler Norddeutschlands mit seiner Frau in der Weite der Elbmarschen. Die Ruhe hier ist überwältigend. Zu hören ist nur das Rauschen der mächtigen Kastanie vor dem 100 Jahre alten Haus, in dem Anderson lebt und arbeitet.

"Ich brauche Natur um mich herum, ich bin nie ein Stadtmensch gewesen", sagt der 56-Jährige. Er spricht leise, nimmt sich Zeit für seine Sätze. Und antwortet, wie er malt: konzentriert, präzise, mit dem Blick fürs Wesentliche. Trotz des Schlafmangels. Denn Anderson ist derzeit gefragt wie selten, pendelt zwischen seinen Vernissagen an renommierten Standorten wie dem Schifffahrtsmuseum Bremerhaven und der Lübecker Jacobikirche.

Ab heute sind seine Bilder auch im Kreis Pinneberg zu sehen: Um 16 Uhr eröffnet Museumschefin Ute Harms die Ausstellung "Wasser - Land - Rosen" im Museum Langes Tannen . Welche Wertschätzung der ausgewiesene Experte für Landschaftsmalerei und Stillleben in der Fachwelt genießt, lässt sich auch an der Prominenz des Laudators ablesen: Mit Thomas Gädeke übernimmt der Vizechef des schleswig-holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf die Einführung.

Alle der rund 40 Werke sind neu, denn: "Ich wollte keinen Querschnitt durch mein Werk zeigen, sondern einen regionalen Bezug zu diesem Ort herstellen." Anderson hat darin Momente des Sommers 2011 festgehalten - die gleißende Junisonne in Kollmar ebenso wie Hafenstimmungen bei bedecktem Himmel. "Graues Wetter" nennt Anderson das diffuse Licht, das diesen Sommer prägte. Seine Meisterschaft darin, die feinen Nuancen in Himmel und Wasserflächen von fast weißem Silber über gelbstichige Varianten bis zu stumpfem Blei perfekt zu treffen, ist atemberaubend. Und in seinen Uetersener Rosen - mal blühender Busch, mal verwelkte Blüte - hat er nicht nur die feinen Formen und Farben der Natur eingefangen. Sondern sie scheinen beinahe zu duften.

Anderson ist ein Anhänger und Großmeister der sogenannten Plein-Air-Malerei (zu deutsch etwa: Frischluftmalerei). Mit Staffelei, Leinwand, Pinseln und Öltuben zieht er los, um die Welt zu malen. Diese Leidenschaft für das Malen an Ort und Stelle teilt er mit den Norddeutschen Realisten, denen er oft zugeordnet wird. Doch mit pingelig-fotografischer Wiedergabe der Realität haben seine Bilder kaum etwas zu tun. Im Gegenteil: Man sieht ihnen die Begeisterung des Malers für den Spätimpressionismus an. Da zählt nicht das einzelne Blatt, sondern der individuelle Blick auf einen unwiederholbaren Ausschnitt aus der Realität, "genau in diesem Moment, genau bei diesem Licht, genau zu dieser Jahreszeit.. Das Einmalige macht die Plein-Air-Malerei so faszinierend", erläutert Anderson. "Es ist nie das Gleiche, sondern immer wieder neu." Mit diesem Argument begegnet er gelassen der Kritik, sein Stil sei altmodisch, im 19. Jahrhundert verhaftet.

"Malen vor Ort hat viel mit allen Sinnen zu tun. Nicht nur mit dem Sehen, sondern auch mit dem Riechen, Hören und Fühlen", umreißt Anderson sein Konzept. "Wenn man das beim Betrachten spürt, dann ist mir etwas gelungen." In seinen Bildern gleißt die Hitze Istanbuls, da kreischen im Trockendock die Schweißbrenner an gewaltigen Schiffsrümpfen. "Ich möchte beim Malen eigentlich die flüchtende Zeit einen Moment lang anhalten."

Am liebsten, so bekennt der Fan von Gegenlichtmotiven, würde er beim Malen das Denken abschalten, "dass das Bild aus dem Kopf aufs Papier fließt". Seine Motive trägt er bereits im Kopf, bevor er sie draußen findet. "Ich könnte mir das nicht ausdenken, ich brauche die unmittelbaren Gegebenheiten."