Der Nachwuchs von E.on hat den Traumjob schon gefunden, für viele junge Leute beginnt erst jetzt die heiße Phase der Berufsfindung

Pinneberg/Wedel. In mehr als zehn Metern Höhe balancieren Alexander Haß,18, Felix Techow, 20, und weitere zehn Auszubildende des Energieversorgers E.on auf den schmalen Betonstreben der Freileitungsmasten zwischen Holm und Heist herum. Der Einsatz in luftigen Höhen ist der wohl spannendste Teil ihrer Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik.

Selbstverständlich ist der Strom in den 10 000-Volt-Leitungen abgeschaltet, als die Auszubildenden die Isolatoren prüfen und nötigenfalls auswechseln, Verschraubungen kontrollieren und nachziehen. Zwar sind die jungen Techniker mit speziellen Gurtsystemen gesichert - doch mulmig kann einem in dieser Höhe dennoch leicht werden.

Haß und Techow sind Beispiele für unterschiedliche Wege zum gleichen Beruf. Felix Techow wurde durch seinen Vater geprägt: Dieser ist Diplomingenieur für Elektrotechnik, arbeitete ebenfalls bei E.on und schwärmte von seinem Job. Alexander Haß hingegen hatte keine familiäre Vorbelastung, sondern ein starkes Faible fürs Basteln und Elektronik. Information über den Job und Bewerbung liefen bei ihnen übers Internet.

Wie andere Firmen auch unternimmt Eon große Anstrengungen, um Nachwuchs zu gewinnen. Über Praktikantenprogramme für leistungsstarke Studenten bis zu zehn Monate dauernde Einstiegsangebote für Hauptschüler und Realschüler mit ausbaubedürftigen Kompetenzen reichen die Angebote. Techow und Haß jedenfalls haben ihren Traumberuf gefunden. Und was macht den besonderen Reiz aus? Techow: "Dass Strom so viel bewirkt und man ihn trotzdem nicht sehen kann."

Viele andere junge Leute aus dem Kreis Pinneberg starten dieser Tage in die heiße Phase der Berufsfindung. Stella Weißenburg, 17, gehörte zu den etwa 150 Schülern, die in Wedel eine Berufsinformationsveranstaltung der Rotarier besuchten. Aber eigentlich ist sie über die Orientierungsphase schon hinaus und weiß, was sie will: "Ich möchte Architektin werden." Sie nutzt jede Gelegenheit, mehr über ihren Traumberuf und den Weg dorthin zu erfahren, der noch nicht völlig klar ist. "Welche Handwerkslehre ich vor dem Studium absolviere, weiß ich noch nicht."

Johanna Kauffert, 17, ist seit einem Praktikum beim Rundfunk begeistert von der Medienbranche. "Es ist spannend, überall hinter die Kulissen gucken zu dürfen." Die Aufnahmearbeiten an verschiedenen Orten für ein Vorabendmagazin machten ihr so viel Spaß, dass sie auch nach dem Praktikum weiter Journalismus betreibt und unter anderem bei der Jungen Presse Schleswig-Holstein aktiv ist.

Julia Wolf ,18, zieht es in die Ferne. "Tourismusbranche!" antwortet sie auf die Frage nach dem Berufswunsch. Mit Englisch, Französisch und Spanisch als bereits gelernten Sprachen bringt sie gute Voraussetzungen mit.

In Pinneberg nutzten annähernd 400 junge Leute die Möglichkeit, sich während des Berufsinformationstages im Rathaus, den federführend die Wirtschaftsgemeinschaft der Kreisstadt organisiert hatte, ein Bild vom möglichen Traumberuf zu machen. "Es sind auch Jugendliche dabei, die noch gar nicht wissen, was sie machen wollen", weiß Siegfried Walther, Berufsberater von der Agentur für Arbeit Pinneberg. In Pinneberg waren es vor allem Haupt- und Realschüler, die die Stände der Unternehmen und Behörden besuchten. "Wir hätten uns ein paar mehr Gymnasiasten gewünscht", sagte Claudia Patt von der Wirtschaftsgemeinschaft.

Einer, der bereits einen recht klaren Plan hat, welchen Berufsweg er gehen möchte, ist Jannik Rotzoll, 15, aus Pinneberg. Der Realschüler, der mit einem Freund zur Infoveranstaltung kam: "Ich suche eine Ausbildungsstelle im kaufmännischen Bereich, als Industriekaufmann oder als Groß- und Außenhandelskaufmann."

Der junge Pinneberger hatte getan, was Berufsberater Walther generell rät - sich über die eigenen Stärken (und Schwächen) klar zu werden. Eine jugendgerechte und zeitgemäße Grundorientierung gibt es zum Beispiel unter planet-beruf.de im Internet. "Wir müssen in den Beratungsgesprächen auch einmal Spaßbremse sein", sagt der Experte von der Agentur für Arbeit, "es geht doch um Wahrheit und Klarheit". Laut Walther ist unter jungen Männern weiterhin der Kfz-Mechatroniker ein absoluter Traumberuf.

Sehr im Trend seien auch Tätigkeiten im Veranstaltungsbereich. Andere Berufe wiederum seien für die meisten künftigen Azubis regelrecht Böhmische Dörfer, wie Walter erklärte. Was zum Beispiel tun muss, wer bei der Pinneberger Firma Tempelmann Feinwerktechnik das Drehen, Fräsen und Bohren von Gewindeteilen lernt, das erfuhren die Besucher des Informationstages vor allem auch von den jetzigen Tempelmann-Auszubildenden. Firmenchef Hardy Tempelmann findet diese Art der Präsentation mit Blick auf den Nachwuchs der Branche immens wichtig. Sein Unternehmen bekommt im Durchschnitt bis zu 60 Bewerbungen für zwei oder drei freie Ausbildungsplätze.

Gesucht werden sehr gute Hauptschüler und Realschüler. "Die Anforderungen steigen, weil die Maschinen immer komplizierter werden." Er findet es, ebenso wie Berufsberater Walther, wichtig, dass Eltern ihre Kinder auf dem Weg zum richtigen Beruf fürs Leben begleiten.

Patrick, 14, aus Ellerbek, der erst im übernächsten Jahr mit der Schule fertig ist, kam sogar mit Mutter, Oma und Opa zum Berufsinformationstag. Welchen Traumberuf er hat? "Flugzeugmechaniker!"