Staatsanwaltschaft untersucht, ob falsche Zahlen vorgelegt worden sind. Strafanzeige gegen führenden Mitarbeiter

Kreis Pinneberg. Der Kreis Pinneberg kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Nun sorgt eine Strafanzeige für Ärger. Am Pranger stehen Referatsleiter Andreas Köhler, der den Umzug der Kreisverwaltung nach Elmshorn managt - und wieder einmal der ehemalige Landrat Wolfgang Grimme. Beide werden beschuldigt, in einem Gerichtsverfahren als Kreis-Vertreter falsche Angaben gemacht zu haben.

Hintergrund ist der geplatzte Vertrag des Kreises mit der Firma Impala des Pinneberger Kaufmanns Mashallah Rahimi. Der Kreis und der Geschäftsmann hatten im Juni 2008 einen Entwicklungs- und Mietvertrag über ein zu errichtendes Gebäude auf dem Gelände des Alten Güterbahnhofs in Pinneberg abgeschlossen. Rahimis Firma Impala sollte den neuen Verwaltungssitz bauen, der Kreis verpflichtete sich, einen Mietvertrag über 25 Jahre einzugehen. Dieser Kontrakt wurde jedoch vom Kreis gekündigt, weil weder fristgemäß die Baugenehmigung vorlag noch der vertraglich vereinbarte Baustart erfolgt war. Alternativ stimmten die Kreispolitiker für die langfristige Anmietung des ehemaligen Elmshorner Talkline-Gebäudes.

Dagegen hatte Rahimi gleich mehrfach geklagt. So versuchte der Geschäftsmann zunächst ohne Erfolg, den Vertrag zwischen dem Kreis und dem Eigentümer der Talkline-Immobilie wegen Verstoßes gegen vergaberechtliche Bestimmungen anzufechten. Bei diesem Verfahren vor der Vergabekammer des Oberlandesgerichts soll der Kreis, so lautet der Vorwurf, falsche Angaben zur Höhe der notwendigen Umbaukosten gemacht haben.

"Die Höhe dieser Kosten ist sehr wichtig", erläutert der Hamburger Jurist Klaus Willenbruch, der Impala vertritt. Sofern eine bestimmte Summe überschritten werde, läge keine reine Anmietung, sondern ein Bauauftrag vor. Willenbruch: "Und in diesem Fall hätte eine Ausschreibung stattfinden müssen, woran sich mein Mandant hätte beteiligen können." Sein Verdacht: Der Kreis hätte bewusst getrickst, um die Ausschreibung zu umgehen und vor Gericht mit falschen Zahlen operiert.

So seien im Verfahren Umbaukosten von einer Million Euro genannt worden. Tatsächlich sei ein Vielfaches dieser Summe ausgegeben worden. Willenbruch bezieht sich genau wie eine Berliner Kanzlei, die den Projektentwickler des Rahimi-Vorhabens vertritt, auf eine Werbebroschüre eines Immobilienfonds. Die Paribus-Gruppe hat das ehemalige Talkline-Gebäude, in dem der Kreis ab dem 6. Oktober residiert, im Frühjahr 2011 für 23,04 Millionen Euro gekauft und es in einen Immobilienfonds überführt. In dem Emissionsprospekt werden die Umbaukosten auf sieben Millionen Euro zuzüglich Umsatzsteuer beziffert.

Kreissprecher Marc Trampe weist darauf hin, dass diese Kosten vom Vermieter getragen werden. Der Kreis selbst müsse lediglich für mietertypische Einbauten wie Labore, Untersuchungsräume sowie Zugangssicherungen aufkommen. Dafür würden etwa 600 000 Euro aufgewendet. Diese Zahlen seien auch im Prozess genannt worden. Trampe: "Wir haben uns nichts vorzuwerfen."

Ralph Döpper, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe, bestätigte auf Abendblatt-Anfrage, dass ein Ermittlungsverfahren läuft. Nähere Angaben machte er nicht. Nach Abendblatt-Informationen soll es um Prozessbetrug gehen. Insgesamt zwei Strafanzeigen sollen gegen Köhler, eine gegen Ex-Landrat Grimme vorliegen.

Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist, sollen die Erfolgsaussichten eher gering sein. Und selbst wenn sich Köhler oder Grimme tatsächlich strafbar gemacht haben sollten, hat das keine Konsequenzen auf den Umzug der Verwaltung mehr. Ein solcher Ausgang des Ermittlungsverfahrens würde lediglich die Chancen von Rahimi auf Schadenersatz begünstigen.

Und die stehen aktuell sehr schlecht. Nachdem sein Versuch, den Mietvertrag für das Talkline-Gebäude anzufechten, gescheitert ist, hatte Rahimi im Frühjahr 2011 auch seine Schadenersatzklage verloren. Er wollte vor dem Landgericht Itzehoe 2,5 Millionen Euro erstreiten. Stattdessen legten die Richter fest, dass Rahimi verpflichtet ist, dem Kreis die ihm entstandenen Kosten aus dem geplatzten Vertrag über den Neubau eines Kreishauses in Pinneberg zu erstatten - und zwar bis zu zwei Millionen Euro. Der Geschäftsmann hat dieses Urteil angefochten. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts in Schleswig steht noch aus.