Im Wedeler Billard Club erfahren Kids spielend, was es mit Kräften und Winkelgesetzen auf sich hat

Wedel. Wenn es in der Schule um Physik geht, hält sich das Interesse von Christian Koch, 13, Tobias Bewernick, 14, René Förthmann, 14, Jakob Dziedzic, 12, Robert Koch, 13, und Max Hüttich, 16, in überschaubaren Grenzen. Erst beim Treffen in der Turnhalle an der Wedeler Bergstraße am Nachmittag flammt es um so heftiger auf. Denn die sechs Jungs gehören zur Jugendabteilung des Billard Club Wedel und sie sind vom Spiel mit Queue und Kugeln genauso begeistert wie jene ältere Generation, die vor genau 50 Jahren den Vereingegründet hatte.

Was reizt Jungs an einem Zeitvertreib, der schon vor Jahrhunderten entstand? Warum lassen sie den Gameboy oder PC stehen und greifen nach einem Stock, mit dem man Bälle stoßen kann? "Es macht so richtig Spaß", sagte Christian Koch, "und PC spielen wir natürlich auch." "Das Spiel ist komplex und wird nie langweilig", so Max Hüttich Robert Koch ergänzt: " Es ist anstrengender als Gameboy, denn man muss nicht nur drücken, sondern nachdenken." Dabei hilft Jugendtrainer Andy Meissner. Er weiht die Jungen in die Geheimnisse der Karambolagen ein, korrigiert die Haltungen, und vermittelt das physikalische Hintergrundwissen. "Billard hat unheimlich viel mit Winkelgesetzen und Kräften zu tun. Das Schöne ist: Die Kids können ihre Erkenntnisse gleich am Billardtisch ausprobieren."

Ähnlich haben auch Wolfgang Brandt, Werner Kollei, Jonn Heinrich von Husen und Harald Feddersen empfunden, als sie vor genau einem halben Jahrhundert den BC Wedel im städtischen Jugendheim aus der Taufe hoben. Es folgten wechselvolle Jahre. Es gab Hochzeiten, in denen der BC Wedel die unumschränkte Macht im Norden darstellte und deren Akteure in der Bundesliga spielten. Mit Andi Riedel stellte der BC Wedel sogar einen Deutschen Meister und mit Maximo Aguirre spielte Jahrelang sogar ein zweifacher Weltmeister in der Wedeler Mannschaft. Bei den städtischen Sportlerehrungen waren Meissner sein Teamkamerad, Manfred Meyer und auch Rolando Aguirre, der Bruder des Weltmeisters, Dauergäste.70 Personen gehörten dem Verein in Spitzenzeiten an, allein die Jugendgruppe umfasste 25 Nachwuchssportler und im Saal der Ernst Barlach-Schule waren Europameisterschaften ausgetragen worden, an der unter anderem Billard-Legende René Ceulemans teilnahm. Die Zeiten wurden schwieriger. Dazu trug nicht allein bei, dass der Verein elf Mal sein Domizil wechseln und von Kneipe zu Kneipe und in Leichtbau-Provisorien der Stadt ziehen musste. Auch das geänderte Freizeitverhalten machte sich bemerkbar, das wachsende Angebot an Unterhaltung und anderen Sportvereinen. Hinzu kam die nicht ganz einfache Materie. "Schnelle Erfolge fallen nur den wenigsten zu. Man muss schon ein bisschen üben", so Meissner.

Der Verein versucht ebenfalls nach Kräften, Nahwuchs zu gewinnen. In den vergangenen Jahren organisierte er Arbeitsgemeinschaften in Schulen, die im Ganztagsbetrieb integriert warten. Das ist keine einfache Angelegenheit, denn mit 40 Mitgliedern ist der Verein relativ klein, viele arbeiten, so dass wenig Zeit bleibt auf Wünsche der Schulen einzugehen. "Aber gern hören wir uns Wünsche der Schulen an und weg mag, kann montags ab 19 Uhr ganz unverbindlich bei uns im Club vorbeischauen", so Meissner.