Weggang der Kreisverwaltung beschert Pinneberg Kaufkraftverlust. Und schon jetzt stehen viele Läden leer

Pinneberg. Wenn der Kreis Ende des Monats die Kreisstadt verlässt, wird es ein Einschnitt für Pinneberg sein. Der Weggang der Kreisverwaltung schmerzt wegen seiner Symbolik, hat aber unmittelbar Auswirkungen auf die Pinneberger Innenstadt: Mit einem Schlag fließt die Kaufkraft von mehr als 500 Kreismitarbeitern, die bislang den Einkaufsstandort täglich nutzen, ab. Droht die Pinneberger City, in der bereits eine Reihe Ladenlokale leer steht, eine weitere Verödung? Stefan Krappa, Wirtschaftsförderer der Stadt, betrachtet die Situation realistisch: "Die Innenstadt ist Not leidend. Wir können den schmerzlichen Weggang der Kreisverwaltung nicht schön reden."

Der Wirtschaftsförderer hatte jüngst in seinem Tätigkeitsbereicht angeführt, die Stadt habe am Fahltskamp und am Lindenplatz "die Aufenthaltsqualität deutlich erhöht". Nunmehr sieht Krappa in Sachen City insbesondere auch die Eigentümer gefragt. "Es ist kein typisches Pinneberger Problem. Aber manche Eigentümer denken überhaupt nicht an den Branchenmix. Sie vermieten eben an den siebten Bäcker oder den siebten Handyladen." Es sei zudem teils "keine realistische Einschätzung der erzielbaren Mietpreise" zu beobachten. Existenzgründer, die in Pinneberg einen Laden eröffnen wollten, könnten die aufgerufenen Mieten schlicht nicht bezahlen. Aus Sicht anderer Interessenten seien die zur Verfügung stehenden Ladenlokale zu "verbaut". "Es ist jetzt wichtig, dass auch im Altbestand etwas passiert, dass eventuell in Umbauten investiert wird", fordert Krappa. In Einzelfällen mangele es Eigentümern generell an der Bereitschaft, Ladenflächen neu zu vermieten.

"Einige Anbieter des täglichen Bedarfs und Gastronomen wird der Weggang der Kreismitarbeiter vermutlich härter treffen", glaubt Hermann Kunstmann Junior vom Vorstand der Wirtschaftsgemeinschaft Pinneberg, "der Weggang von Kunden ist nie gut, aber es wird Pinneberg nicht so treffen, dass wir daran kaputt gehen." Kunstmann widerspricht der Einschätzung, die Eigentümer seien zu wenig an der Entwicklung interessiert: "Die Bereitschaft über Mietverträge zu verhandeln, ist ganz klar vorhanden." Kunstmann erinnert zudem an die Weihnachts-Beleuchtungs-Aktion im vorigen Jahr, die von den Eigentümern finanziert worden sei. Das Vorstandsmitglied der Wirtschaftsgemeinschaft hält den Einkaufsstandort für "gefragt": "Das Problem ist, dass wir die Vorgaben von Unternehmensketten oder Franchiseunternehmen was Fläche, Lage und Preise angeht, häufig nicht erfüllen können. Und die machen keine Kompromisse." Die Kaufleute müssten allesamt, "eine Schippe drauflegen", so Kunstmann.

Die Diskussion um die allseits begrüßte großflächige Erweiterung der Pinneberger Innenstadt, wir berichteten, über die Friedrich-Ebert-Straße hinweg (ehemaliges Sparkassengebäude/Marktplatz) führt mit Sicht auf die bestehenden Einkaufsstraßen laut Wirtschaftsförderer Krappa "zur Verunsicherung bei Flächenanfragenden und erschwert die Vermarktung der Einzelhandelsflächen im Bestand".

Gerade aus Sicht der Innenstadtkaufleute ist ebenfalls sehr wichtig, was in Zukunft auf dem Areal der heutigen Kreisverwaltung passiert. Nach Informationen des Abendblattes läuft alles darauf hinaus, dass der Kreis sein 13 000-Quadratmeter-Gelände an einen der beiden Interessenten verkauft, die in der zentralen Innenstadtlage Wohngebäude errichten wollen. Von bis zu 130 Wohneinheiten ist die Rede. "Wenn dort bald viele Menschen wohnen, wird das die Innenstadt beleben und dem Einzelhandel gut tun", sagt Wirtschaftsförderer Krappa. Aus Sicht des Einzelhandels müssten Mietwohnungen bevorzugt werden, derweil Gutachten aufzeigen, dass die Bewohner von Eigentumswohnungen nach dem Kauf der Immobilie viele Jahre lang sparsam in ihren Ausgaben für den täglichen Bedarf sind. Die Stadt Pinneberg hatte in ihrem Beschlussvorschlag eine gemischte Nutzung aus Wohnungen, darunter speziell für Studenten, Dienstleistern, Büros und kleinteiligem Einzelhandel vorgesehen. Ein großes Problem aus Sicht der Investoren: Der Altbau der Kreisverwaltung, der aus den Jahren 1866 bis 1868 stammt, wird von den Denkmalschützern des "hochgestuft" werden und ist mithin in großen Teilen zu erhalten.