Vom Bauern zum Bildhauer: Heiner Kemna stellt Bronzeskulpturen und Fotografien im Schenefelder Ratssaal aus

Schenefeld. Der Schenkel ist Heiner Kemnas Lieblingsgrundform. "Da steckt Dualität drin, da sind Spannung und die Reduktion aufs Wesentliche." Das passt zum dem 58-Jährigen. Der Mann aus Visselhövede wirkt wie seine Arbeiten: bodenständig und authentisch, kraftvoll und lebensklug. Die ergraute Antifrisur unter ein er Kappe halbwegs sortiert, packt er wenige Tage vor der Eröffnung seiner Ausstellung im Ratssaal Kiste für Kiste voller Werke aus. Rund 50 großformatige Fotografien und knapp 30 Bronzeskulpturen zeigt er im Saal und im Foyer des Verwaltungssitzes am Holstenplatz.

Kemnas Skulpturen bestechen durch ihre klare, aufs Wesentliche reduzierte Formensprache und die fein ausgearbeiteten, vielfältigen Texturen der Oberflächen. Sein Lehrmeister, der Worpsweder Bildhauer Peter Lehmann, zeigte dem damals 23-Jährigen, wie eine Figur als Skulptur "funktioniert", wenn man sie abstrahiert oder stark vereinfacht. Man müsse sich immer das Skelett darunter vorstellen, wie es sich bewege. "Dann ist klar, was geht und was nicht geht." Kemna bewundert Henry Moore: "Ich will ihn nicht kopieren, aber seinen Mut der Darstellung, dass er radikal war und ein neues Formenverständnis in die Welt gesetzt hat, das finde ich sehr gut."

Kemna liebt Kunst, schon seit er klein war. Aber nicht als theoretisierender Feingeist. Er ist einer, der ausprobiert, der schraubt, schmiedet, werkelt. Wie als junger Mann in der bestens ausgestatteten Werkstatt des elterlichen Bauernhofs. "Ich will mit Werkzeug gestalten, das muss Volumen haben, da muss man drauf rumkloppen können, dass die Funken sprühen." So grobschlächtig diese Aussagen daherkommen - seine Kunst ist bis ins Detail durchdacht und aufs Filigranste ausgearbeitet.

Dabei ist Kemna die Kunst nicht gerade in die Wiege gelegt worden. Im Gegenteil: "Wir hatten nicht mal eine Plattenspieler. Klassische Musik habe ich zum ersten Mal bei einem Schulfreund gehört Das war der Sohn unseres Pastors." Seine Eltern bewirtschafteten einen Bauernhof, der einzige Sohn lernte - wie selbstverständlich - Landwirtschaft und betrieb den Hof seinen Eltern zuliebe auch bis vor etwa 20 Jahren.

Und verfeinerte gleichzeitig seine Kunst. Nicht nur die Bildhauerei, sondern auch die Fotografie. Was nach der Konfirmation mit der ersten geschenkten Kodak anfing, wurde Kemna bald zur zweiten Natur. "Ich könnte immerzu fotografieren, ich bin ein visueller Mensch." Wie bei den dreidimensionalen Werken oszillieren auch die Fotografien zwischen Figürlichkeit und Abstraktion. Kemna hat einen untrüglichen Blick für Komposition, seine Bildausschnitte bezaubern durch ihre malerische Anmutung oder streng grafische Aufteilung. Und stellen den Betrachter nicht selten vor ein Rätsel.

Bis vor zwei Jahren blieb der Künstler der analogen Technologie treu, beschränkte sich auch in der Wahl seines Fotografierwerkzeugs auf einfachste Mittel. "Ich will alles von Hand machen, jeden einzelnen Schritt unter Kontrolle haben." Kein Autofokus, keine Blendenautomatik. Erst 2009 packte ihn die Faszination der digitalen Möglichkeiten. Die nutzt er in seinen neueren Arbeiten für die Entwicklung einer ganz eigenen Montagetechnik. Rätselhaft und mit dem Blick fürs Bild hinter dem Bild komponiert - typische Kemnas eben.

Nach der Vernissage am Sonntag, 11. September, um 11 Uhr im Rathaus Schenefeld, Holstenplatz 3-5, ist die Schau bis einschließlich 25. September zu sehen, und zwar montags bis sonnabends jeweils von 16 bis 18 Uhr, sonntags von 11 bis 13 Uhr. Donnerstags ist auch von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.