Rellingen: Auch benachbarte Tiefgarage von Wassermassen betroffen. Pumpe defekt

Rellingen. Clemens Faber ist nicht nur ein kreativer Koch. Der Inhaber des Kleinen Gesellschaftshauses an der Straße Am Markt in Rellingen ist schon berufsbedingt auch gut mit Korken, Stopfen und anderen Verschlüssen ausgestattet. Und das war ein Segen, als plötzlich eine Fontäne aus dem Abfluss des Küchenbodens seines betagten Reetdachhauses schoss. Faber riss mit einem Löffelstiel blitzschnell das Sieb des Siels hoch, schnappte sich einen passenden Pfropfen und stoppte damit den Sprudel, den nun wirklich niemand bestellt hatte.

"Das dauerte nur ein paar Sekunden", erinnerte sich Faber, als er am Montag an den Schauplatz des Geschehens zurückkehrte. "Wenn ich nicht hier gewesen wäre, hätte das ganze Haus unter Wasser gesetzt werden können." Doch Faber hatte zu tun. Vierzig Gäste einer privaten Feier genossen das Ambiente des Hauses und die Kochkunst des Inhabers, als am Freitag gegen 20 Uhr der Wasserzauber begann. Die Besucher bekamen dank des schnellen Eingreifens des Küchenchefs kaum mit, was geschehen war. Erst als die Feuerwehr anrückte, um im Nachbarhaus einen Wasserschaden zu beheben, wurde den Gästen klar, dass in Rellingen die kleine Schwester von Hurrikan Irene tobte.

"Wasser marsch" hieß es auch in der Tiefgarage des Adlershorst-Neubaus, gleich nebenan. Hier war die Brühe, ein Gemisch aus Regen- und Schmutzwasser, sogar von zwei Seiten in die unterirdische Fahrzeughalle mit 44 Stellplätzen eingedrungen. Die Nachbarn Helga und Dieter Guth beobachteten, wie im Starkregen die Wasserkaskaden die Hohle Straße hinab schossen und von dort über die steile Einfahrt in die Tiefgarage hinunter flossen. Doch auch von unten gab es eine zusätzliche Quelle. Ein bräunliches stinkendes Gebräu drückte die Abflusssiele hoch und breitete sich auf dem Boden aus. Auch hier gelang es, mit Unterstützung der Feuerwehr größeren Schaden zu verhindern.

Uwe Goldt, Büroleitender Beamter des Rellinger Rathauses, war wie auch Mitarbeiter von Adlershorst noch am Abend am Ort des Geschehens. "Die Ursache der Überschwemmung in der Tiefgarage ist nach ersten Erkenntnissen eine Fehler im Pumpsystem", erläuterte Goldt, der sich als früherer Bauamtsleiter in der Materie auskennt. Bei Starkregen soll eigentlich eine Pumpe anspringen und dafür sorgen, dass die Wassermassen nicht in die Schmutzwasserkanalisation eindringen können. Doch der Schalter, der das System in Betrieb setzen sollte, versagte aus ungeklärten Gründen, wie Goldt berichtete. Noch in der Nacht wurde der Defekt behoben. Das Pumpsystem befindet sich zwar auf dem Grundstück von Adlershorst, zuständig ist jedoch die Gemeinde Rellingen.

Im Auftrag von Adlershorst war am Sonnabend ein Pumpwagen stundenlang im Einsatz, um die Spuren der Überschwemmung in der Tiefgarage zu entfernen. Fahrzeuge kamen nicht zu Schaden. Wie Reinhard Herden, Technikchef bei Adlershorst, bestätigte, hat es vor zwei Wochen schon einmal einen Wassereinbruch in die Tiefgarage gegeben. Damals wurde ein Abfluss geschlossen, um weitere Rückstauprobleme zu vermeiden. Doch offenbar reichte dies nicht aus. Nach Ansicht von Goldt ist im Verlauf der Hohlen Straße die Wasserentsorgung, abgesehen vom aktuellen Defekt, weitgehend funktionsfähig. Doch am Markt kommt es bei heftigen Güssen noch immer zu Überschwemmungen. "Immerhin haben wir dort den tiefsten Punkt der Gemeinde Rellingen", räumt Goldt ein. Und auch in Rellingen fließe Wasser nicht aufwärts sondern bergab. Davon können die Anwohner im historischen Ortskern ein Lied singen. Schon 2006 stand der halbe Ortskern unter Wasser, besonders schlimm traf es die Anwohner des Hauses am Markt 7. Dort war nach einem Starkregenfall das Wasser knöcheltief ins gesamte Erdgeschoss eingedrungen. Trotz Nachrüstung und der Versicherung der Fachleute, eine solcher Starkregen komme nur alle 30 Jahre vor, können Anwohner wie da Ehepaar Guth über solche Aussagen nur spotten. Die jüngsten Ereignisse zeigten, dass zwischen Theorie und Praxis ein himmelweiter Unterschied bestehe.