Sozialminister Heiner Garg (FDP) informierte sich beim Wedeler Pharmaunternehmen medac über Forschung, Fertigung und Finanzen

Wedel/Kiel. "Ich habe Entscheidendes gelernt." Diese Bilanz zog Schleswig-Holsteins Sozialminister Heiner Garg nach einem Besuch beim Wedeler Pharmaunternehmen medac. Der Lehrstoff beinhaltete die Themen "Forschung", "Bürokratie" und wie so oft im Gesundheitsbereich "Finanzen."

Heiner Will, einer der fünf medac-Geschäftsführer, hatte kritisiert, dass das Erforschen generischer Produkte - im Volksmund oft "Nachahmerpräparate" genannt - finanziell nicht gefördert wird. "Innovationsfähigkeit muss nicht allein mit der Entdeckung eines neuen Wirkstoffes zusammenhängen. Schon technologische Weiterentwicklungen eines Präparats können helfen, beispielsweise Nebenwirkungen zu senken", sagte der Minister.

Minister sieht Notwendigkeit, über bestehendes System nachzudenken

Er bekam zu wissen, dass das Unternehmen nur durch Forschung die Wirksamkeit eines Rheuma-Medikamentes erhöhen konnte, sodass mit dem Spritzen geringerer Mengen die gleiche Wirksamkeit bei besserer Verträglichkeit erzielt werden konnte. So bekundete der Minister die Notwendigkeit, über das bestehende System noch einmal nachdenken zu müssen.

Garg erfuhr bei seinem Betriebsrundgang mit Geschäftsführer Will, Marketing-Mitarbeiter Volker Bahr, sowie Markus Dreese, dem Bereichsleiter Gesundheitspolitik, und Produktionsleiter Stephan Mielke, dass Beipack-Zettel in einer Verpackung oft mehr Raum einnehmen als das Produkt und dass beim Wechsel einer Wirkstoffcharge an den Konfektionierungsmaschinen zwischen 35 und 60 Seiten lange Dokumentationen anfielen. "Natürlich bin ich auch gegen Bürokratie, kann aber nicht beurteilen, ob sie hier nicht doch wichtig ist. Die Sicherheit der Patienten und die Sicherheit der Mitarbeiter hat aber vor dem Abbau der Bürokratie eindeutig Priorität", sagte er. "Aber genau so selbstverständlich nehmen wir gern Vorschläge der Unternehmen auf, wo Bürokratie gesenkt werden kann, sofern dadurch die Sicherheit nicht gemindert wird."

Das Anwachsen gesetzlicher Vorgaben ist ein wesentlicher Grund, weshalb medac mehr Personal einsetzen und damit höhere Kosten tragen muss. Zum Glück für das Unternehmen steigt nicht nur die Zahl der Vorgaben, sondern auch die Nachfrage nach Medikamenten aus Wedel sowie den weiteren Standorten Tornesch, Dessau und Tschechien. "Im vorigen Jahr haben wir mehr als 100 Personen eingestellt, in Deutschland haben wir 680 Mitarbeiter", so Will, "und wir wachsen weiter." Gesucht werden Mitarbeiter für Aufgaben in der Zulassung und für die Konfektionierung.

In punkto Geld - so erfuhr der Minister- macht das Unternehmen eine geringe Planungssicherheit zu schaffen. Wettbewerber beispielsweise aus Indien werfen ihre Produkte sehr günstig auf den Markt. Geringe Abnahmezahlen und verloren gegangene Rahmenverträge mit Krankenkassen könnten in de Fall dazu führen, dass man überlegen müsse, ob man ein Medikament überhaupt weiterhin produzieren solle. "Aber wenn man dann in der Klinik das Leiden krebskranker Kinder sieht, stellt man wirtschaftliche Erwägungen natürlich hinten an", sagte der Geschäftsführer.

Vehement setzte sich Minister Garg für bundesweit einheitliche Basisfallwerte in den Kliniken ein. Derzeit erhalten die Einrichtungen in Schleswig-Holstein und so auch die Regio-Kliniken im Kreis Pinneberg für die gleiche Behandlung weniger Geld von den Kassen als die Kliniken ein paar hundert Meter hinter der Landesgrenze. Bei der Honorierung der Ärzte ist das ähnlich. Auf die Frage des Hamburger Abendblattes, inwieweit sich Garg gegen diese Wettbewerbsverzerrung einsetzt, erinnerte er an die Kieler Bundesratsinitiative, diese unterschiedlichen Pauschalen zu vereinheitlichen.

Im Bund schon als die "nervende Fallpauschale" verschrien

Die Initiative sei zwar von der Bundesratsmehrheit angenommen worden, doch das Gesetz sei nicht zustimmungspflichtig - die Bundesregierung blieb untätig. In seiner Partei und bei Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr macht Garg weiter Druck: "Im Bund bin ich schon unter dem Begriff 'nervende Fallpauschale' verschrien."