Erste Zeugenvernehmung im Mordprozess gegen Lale Y. aus Elmshorn vor dem Landgericht Itzehoe

Elmshorn/Itzehoe. Die Beweisaufnahme im Mordprozess gegen die 25 Jahre alte Lale Y. gestaltet sich für die fünfte Strafkammer des Landgerichts Itzehoe nicht einfach. Wichtige Zeugen können sich nicht mehr erinnern, was sie bei der Polizei ausgesagt haben oder fühlen sich missverstanden. Und ein Hauptbelastungszeuge blieb der Verhandlung am Donnerstagnachmittag gleich ganz fern. Mit einem Ortstermin bei der Sparkasse Elmshorn im Anschluss an die Gerichtsverhandlung sollte geklärt werden, ob die angeklagte Deutsch-Türkin aus Elmshorn die Täterin auf dem Foto sein kann, die am 12. Februar 2010 mit der geraubten EC-Karte 810 Euro vom Konto von Ilse B. abgehoben hat, die später an den Folgen des Überfalls starb. Die Verteidigerin Ina Franck hatte, wie berichtet, am ersten Verhandlungstag behauptet, ihre Mandantin könnte es allein von der Figur her nicht sein, die die automatische Kamera in der Bankfiliale in der Königstraße aufnahm. Gestern sollte die Situation mit der Angeklagten, die seit Februar in Untersuchungshaft ist, vor Ort nachgestellt werden. Das Ergebnis dieser Untersuchung dürfte am nächsten Verhandlungstag am 6. September dem Vorsitzenden Richter Eberhard Hülsing vorliegen.

Welches Martyrium die 89 Jahre alte Rentnerin Ilse B. an jenem verhängnisvollen Freitagmorgen im Februar erlebt haben muss, verdeutlichten die Aussagen mehrerer Zeugen. Erst vier Tage nach dem Raubüberfall wurde die gehbehinderte alte Dame aus der Badewanne in ihrer Wohnung befreit. Sie war nur mit einem Nachthemd bekleidet, völlig eingenässt, ausgetrocknet und in sich eingefallen, erinnerte sich einer der Rettungssanitäter. Ein Wäscheständer, Hocker und andere Gegenstände lagen auf der Frau drauf, die unter all diesen Sachen hilflos erschien und kaum zu erkennen war. Leises Wimmern hörten Polizei und Feuerwehr aus dem dunklen Badezimmer, als sie nach der alte Frau schauten, die seit Tagen nicht mehr gesehen worden war.

"Sind sie weg?", war das erste, was die eingeschüchterte Frau wissen wollte. "Wer denn?", fragte der Zeuge Dieter M. die alte Dame. "Die Mafia", habe Ilse B. immer wieder gesagt. Und: "Ich darf mich nicht bewegen." Erst im Krankenhaus offenbarte sie dann einer Schwester, dass zwei Frauen als Paketboten verkleidet und mit ausländischem Akzent an ihrer Tür klingelten, sie ausraubten und hilflos und im Dunkeln allein in der Badewanne zurückließen.

Durch diese Aussage des Opfers kam die Polizei schnell auf Cem I., der zum Tatzeitpunkt für den Kurierdienst GLS in Elmshorn gearbeitet hat, deren Uniform die Täterinnen trugen. Dieser wiederum brachte die Polizei auf Lale Y., mit der I. eine Zeit lang befreundet war und die ihn mehrfach nach seiner Berufskleidung gefragt hätte. Vor Gericht spielte der Zeuge diese Aussage vor der Polizei herunter, sodass Richter Hülsing beinahe der Kragen platzte: "Passen Sie auf, dass Sie sich nicht um Kopf und Kragen reden!" Es kursierten damals Gerüchte in Elmshorn, erinnerte sich der Zeuge, "dass wir beide das gemacht haben" - er, weil er die Kurierfahrerklamotten hatte und Lale, weil sie der Frau am Bankautomaten ähnlich sah. Der Prozess wird fortgesetzt.