Dem Einkaufszentrum fehlen attraktive Geschäfte - und den Fassaden ein Anstrich. Trotz Schönheitsreparaturen bleibt der Stadtteil ein Sorgenkind

Pinneberg. Tristesse in Thesdorf: Was Mitte der 70er-Jahre als gigantischer Mix aus Hochhäusern und Einkaufszentrum in Beton-Optik direkt an die S-Bahn geklatscht wurde, hat 35 Jahre später seinen Charme verloren. Trotz diverser Schönheitsreparaturen wirkt der Bereich schmuddlig - und die Läden in der zugigen Passage fristen ein Schattendasein. Es fehlt an attraktiven Einkaufsmöglichkeiten - und an einem "Magneten", der Kunden anlockt.

Auch die Stadt ist mit dem jetzigen Zustand unzufrieden. "Aber wir haben nur wenige Einflussmöglichkeiten, da es sich um Privateigentum handelt", betont Bauamtsleiter Klaus Stieghorst. Er weist daraufhin, dass die Unterhaltung der Gebäude und auch die Vermietung der Geschäfte alleine Sache der Eigentümer ist.

Die Wohnungen in den 1975 und 1976 erbauten Hochhäusern sowie in den kleineren Blocks drumherum sind alles Eigentumswohnungen. Sie werden häufig noch selbst von den Besitzern bewohnt. Zehn Blocks sowie die Läden in der Passage werden von der Albero Verwaltungs GmbH als Verwalter betreut. Mitarbeiter Alexander Vesper verweist darauf, dass erst voriges Jahr ein Großteil der Galeriefläche für 1,4 Millionen Euro saniert worden ist. "Wir haben Treppenauf- und abgänge erneuert, die Tiefgarage abgedichtet, eine Betonsanierung gemacht und den Spielplatz neu gestaltet. Das hat das Quartier aufgewertet." Weitere größere Sanierungen seien zunächst nicht geplant. "Mittelfristig werden wir die Tiefgarage angehen und sie von innen in Stand setzen." Und langfristig, so der Verwalter, müssten auch die Fassaden angefasst werden. "Das können wir aber unseren Eigentümern zur Zeit finanziell nicht zumuten."

Für die Vermietung der Läden im Einkaufszentrum sei er nicht zuständig, betont Vesper. Das werde durch die Eigentümer selbst vorgenommen. Dabei handelt es sich wiederum um die GBR Reiß/Gretemeier mit Sitz an der Elbchaussee. Dort ist man telefonisch zu keiner Auskunft bereit.

Reden tun allerdings die Geschäftsinhaber, die bereits seit Jahrzehnten dem Einkaufszentrum die Treue halten. Wie etwa Stefanie Günther, die zusammen mit ihrer Mutter Karola den Zeitungsladen führt. Sie klagt über das Fehlen eines Supermarktes. Edeka-Händler Martin Böge war 2007 ausgezogen. Zwei Jahre später machte auch der Nachfolger Markant dicht. Seitdem residiert auf der 970 Quadratmeter großen Fläche der "Preiszauber". Statt Lebensmittel werden dort Sonderposten aller Art verramscht.

Ein fauler Zauber - sagt Stefanie Günther. "Seit hier kein Supermarkt mehr ist, ist es viel ruhiger geworden." Viele ehemalige Kunden fahren jetzt mit dem Auto woanders zum Einkaufen hin." Das bestätigt auch Karin Laß von Münster's Backstube, ebenfalls ein Urgestein in Thesdorf. "Hier wohnen viele alte Leute. Die sind hier quasi gefangen, haben keine Einkaufsmöglichkeit mehr, die schnell zu Fuß zu erreichen ist." Der Bäckerei-Filiale gehe es dank der vielen Stammkunden gut. "Ab und zu kommen neue Kunden und fragen nach dem Einkaufszentrum. Wenn ich denen sage, dass sie schon mitten drin sind, sind die geschockt."

Die Post ist schon lange weg, ebenso die Reinigung. Auch das Reisebüro ist dicht. Dort soll seit einem Jahr ein Café einziehen. Zuletzt schloss Anfang 2011 nach über 25 Jahren die Bücherstube.

Aber es gibt auch Lichtblicke. Die beliebte "Kochlounge" wird im September wieder eröffnet. Und seit Juni gibt es die "Eisbar". Zurzeit macht Eigentümer Günter Schreiber, 51, aus Moorrege allerdings das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Von der Einkaufsmeile Thesdorf hält Schreiber nicht besonders viel. "Die Meile hat kaum etwas zu bieten. Die wichtigsten Grundversorgungen fehlen einfach", erklärt der Moorreger.

Neu ist auch "HairWellness". Birgit Dahms und Ozi Senol machen seit Dezember mit fünf Mitarbeitern die Haare und Nägel schön, bieten Kosmetik und Fußpflege an. "Die Resonanz ist sehr, sehr gut", betont Senol, der allerdings auf das Umfeld schimpft.

Wie auch Anton Mayer. "Dem ganzen fehlt ein frischer Anstrich. In den nächsten Jahren sollte unbedingt etwas gemacht werden", sagt der Hamburger, der seine Enkel vor Ort besucht. Die wenigen Einkaufsmöglichkeiten sind für die Rollstuhlfahrerin Monika Kirchner das kleinste Problem. "Der verschmutzte Fahrstuhl ist unzumutbar und oft nicht funktionsfähig", beklagt die Rentnerin. Für sie ein weiteres Problem: "Es gibt keine öffentliche Toiletten, sodass ich jedes Mal bei meinem Hausarzt fragen muss", beschwert sich Kirchner.

Arzthelferin Friederike Mann hat jeden Tag drei Stunden Mittagspause. "Es wäre toll, wenn ich in meiner Pause mal ein bisschen bummeln könnte oder es zumindest einen Supermarkt gebe, indem ich mir ein paar Kleinigkeiten kaufen könnte", sagt sie.