Vom Würstchenbrater zum Berufspiloten: Wahl-Wedeler erarbeitete sich bei Air Hamburg die Luftfahrtausbildung

Heist/Hamburg/Wedel. Es gibt berufliche Karrieren, die höchst merkwürdig verlaufen. Jan Hackethal hat einen solchen Weg hinter sich. Der 25-jährige Wedeler brachte es in knapp fünf Jahren vom Würstchenbrater zum Jetpiloten. Angefangen hat er 2006 als Praktikant beim Luftverkehrsunternehmen Air Hamburg. Da gehörte es auch zum Job, beim Tag der offenen Tür auf dem Flugplatz Uetersen in Heist "wohl an die 8000 Würstchen zu grillen", erinnert Jan sich schmunzelnd.

Die Arbeit am Boden war Teil des Deals, den er mit den Chefs der Fluggesellschaft, Floris Helmers und Alexander Lipsky, getroffen hatte. Hacky, wie ihn Freunde und Kollegen nennen, war bei Air Hamburg als Arbeitskraft und "Mädchen für alles" angeheuert worden, und das sogar zum Nulltarif. Im Gegenzug sollte der flugbegeisterte junge Mann zum Verkehrspiloten ausgebildet werden. Für dieses Geschäft, das nie schriftlich vereinbart wurde, bietet Air Hamburg optimale Voraussetzungen. Denn zum Unternehmen mit Insel-Liniendienst nach Helgoland, Sylt und weiteren Zielen sowie dem Charterservice und der Geschäftsfliegerflotte, gehört auch die Flugschule Hamburg.

Inzwischen düst Hacky als verantwortlicher First Officer - so die korrekte Bezeichnung im Fliegerjargon für den Kopiloten - im zweistrahligen Privatjet durch den europäischen, nordafrikanischen und arabischen Luftraum. An Bord sind Wirtschaftsbosse, Sportler, Popstars oder Fernsehmoderatoren, aber auch Privatleute. Eine Top-Position hat auch Hackethal im Cockpit der neunsitzigen Cessna Citation XLS+ rechts neben dem Captain. Der Geschäftsjet ist Star der Flotte und fliegt höher als die Maschinen der großen Airlines. Bis auf knapp 14 000 Meter steigen die bis zu 820 Kilometer pro Stunde schnellen Lufttaxis von Air Hamburg.

Trotzdem ist Jan Hackethal alles andere als "abgehoben". Eher bodenständig und beharrlich wirkt er, was vielleicht mit seiner Herkunft aus Mecklenburg-Vorpommern zu erklären ist. In Ribnitz-Damgarten wuchs Hacky auf und absolvierte nach dem Abitur seinen Zivildienst beim Roten Kreuz. Schon mit 17 Jahren wurde seine Flugleidenschaft geweckt. Zunächst beim Gleitschirmfliegen, später sogar mit einem Propeller-Rucksack im Rücken. Seitdem stand für Hackethal fest: "Ich will auf jeden Fall Berufspilot werden."

Doch der erste Start in den Job geriet zur Bauchlandung: Wie mehr als 90 Prozent aller Bewerber scheiterte auch Jan in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa am Eignungstest. Doch unverdrossen setzte er alle Hebel in Bewegung, um doch noch seinen Traum vom Berufspiloten erfüllen zu können.

Viele seiner E-Mails an Luftfahrtunternehmen aller Art blieben unbeantwortet. Doch bei Air Hamburg konnte Jan Hackethal landen. Die Flugschulung zum Nulltarif gegen den Arbeitseinsatz war für ihn der einzige Weg ins Cockpit: "Die Ausbildungskosten in Höhe von rund 100 000 Euro hätte ich nie bezahlen können."

Natürlich ging es beim Jobben nicht nur um Grillwürstchen. Propeller putzen, Maschinen betanken, Tickets für Rundflüge verkaufen - das gehörte auf dem Flugplatz Uetersen ebenso dazu. Auch im Air-Hamburg-Hauptquartier in Eimsbüttel war Hacky präsent. Er kümmerte sich um die Computertechnik, war aber auch als Chauffeur im Einsatz, um Privatjet-Kunden zum Airport zu bringen.

Parallel dazu lief die Ausbildung. Nach dem Dienst büffelte Hacky in seinem Untermieterzimmer in Wedel stundenlang Theorie wie Wetterkunde, Technik, Luftfahrtrecht, Navigation. Dazu übte er für die Funksprechlizenz in Deutsch und Englisch. Die Praxisausbildung begann auf einmotorigen Kleinflugzeugen: Platzrunden "schrubben", immer wieder Starts und Landungen üben. Dann die ersten Solo-Dreiecksflüge ohne Fluglehrer an Bord, wie es in der Luftfahrt-Ausbildung Vorschrift ist, bis Hacky die ersehnte Privatpilotenlizenz in der Tasche hatte.

Endlich konnte der Allround-Helfer auch in der Luft eingesetzt werden. Die mehr als 20 Schul- und Chartermaschinen von Air Hamburg mussten damals noch zur Inspektion nach Kyritz in Brandenburg geflogen werden. Hackethal war der Überführungspilot, sammelte damit Flugstunden und Erfahrung. "Manchmal bin ich mehrmals am Tag hin und her geflogen", erinnert er sich. Inzwischen findet die Wartung bei Air Hamburg Technik auf dem Flugplatz Uetersen statt. Dann ging es nach 150 Flugstunden weiter mit dem Berufspilotenschein.

Insgesamt hat Jan Hackethal jetzt 1900 Stunden Flugerfahrung, davon seit Anfang dieses Jahres allein 250 Stunden als Kopilot in der Citation XLS+. Um den Jet fliegen zu dürfen, war nach der Verkehrspilotenlizenz ein spezielles Type-Rating erforderlich. Diese Musterberechtigung absolvierte er am großen Simulator im Cessna-Werk. Der Trip nach Wichita (Kansas) war für Jan Hackethal ein besonderes Ereignis: "Vorher war ich noch nie in den USA." Wieder zu Hause folgten sechs Landungen mit dem Düsenflugzeug. Die Anflüge im Instrumenten-Landesystem (ILS) absolvierte Hackethal in Dänemark, wo die Landegebühren nicht so hoch sind. Dann hatte er den Musterberechtigung für den größten Jet der Air-Hamburg-Flotte in der Tasche.

Doch die kleinen Kisten machen auch noch Spaß: Immer wieder gern ist Hacky auch als Pilot für Rund- und Charterflüge auf dem Heister Grasplatz im Einsatz. In der Freizeit hält er sich mit Kitesurfen fit und knattert auch mit dem Gleitschirm durch die Luft.