Eine Glosse von Marcel Baukloh

Das Brautpaar hatte sich etwas Besonderes ausgedacht: Der eheliche Bund sollte samt ritterlichem Bankett unter freiem Himmel begangen werden, und alle Gäste sollten in mittelalterlicher Gewandung erscheinen. Das löste Glücksgefühle aus. Zum einen war das Einkaufen entsprechender Kleidungsstücke im Verleih-Handel mit dem eigenen holden Weib mangels weiterer Shoppingmöglichkeiten so schnell und günstig wie nie zuvor erledigt, zum anderen hielt sich der Styling-Stress in Grenzen. Kein Friseurtermin, keine stundenlange Badbesetzung fürs Schminken, keine Diskussion über Schuhe. Noch nicht einmal meine eigene Bartrasur wurde eingefordert. Die Aussicht auf Bier satt aus alten Tonkrügen gepaart mit einer kross gebratenen Wildschweinhaxe ließ meine Vorfreude steigen.

Dauerregen und gerade mal zwölf Grad ließen bei den Beteiligten unter den schnell noch aufgebauten Zelten eher die Zähne und Knochen klappern als das Besteck. Sogar der bestellte Gaukler sagte ab. Der Mann sah sich außer Stande, seine Kunststücke bei dieser Witterung zu präsentieren.

Dennoch hatte der Tag auch etwas Gutes. Das Brautpaar kann sich ziemlich sicher sein, dass es bei zukünftigen Hochzeitstagen kaum schlechteres Wetter geben kann. Der Gaukler kann froh sein, dass er nicht im Mittelalter gelebt hat, dann wäre er für immer zum Teufel gejagt worden. Ich weiß jetzt wieder, die Vorzüge einer heißen Dusche nach Mitternacht zu schätzen.