Mit exzellent arrangierten Klassikern zaubern die King's Singers Partystimmung ins Gotteshaus

Rellingen. Schwerelos schweben perfekte Akkorde, der Zauber gregorianischer Choräle füllt das barocke Rellinger Kirchenschiff. Das Publikum im ausverkauften Oktagon schien den Atem anzuhalten, wenn die sechs King's Singers ihre einzigartige Stimmkunst zelebrierten. Wo David Hurley, Timothy Wayne-Wright, Paul Phoenix, Philip Lawson, Christopher Gabbitas und Jonathan Howard auftreten, sind volle Säle garantiert. Dunkle Anzüge, sonnengelbe Krawatten, augenzwinkerndes Understatement: Die lässigste Boygroup des klassischen Fachs wickelte seine Zuhörer um den Finger - fast von der ersten hauchzarten Note bis zum launigen Finale.

Dabei war das Programm, das die A-cappella-Stars ihren Fans bei ihrem diesjährigen SHMF-Gastspiel servierten, keine leichte Kost. Der Abend rankte sich um den mittelalterlichen Hymnus "Pange lingua"- zu deutsch: "Preise, Zunge, das Geheimnis" -, der vermutlich aus der Feder des Heiligen Thomas von Aquin stammt. Technisch perfekt führten die britischen Filigrantechniker ihrem Publikum vor, wie Komponisten unterschiedlicher Epochen - Gesualdo, Bruckner, Duruflé - die sechs Verse variiert haben. Diese zentrale Achse bereicherten sie um delikate Renaissance-Choräle - fertig war ein Programm, das trotz deutlicher Entfernung zu den ausgetretenen Pfaden des Klassik-Mainstreams ein breites Publikum zu Ovationen hinriss.

Die exzellente Akustik des Kirche brachte die technische Akkuratesse des Sextetts zum Leuchten: Hauchfeine Pianissimi, die beinahe transparent daherkamen, die kunstvoll gewebte Polyphonie insbesondere der Renaissance-Meister - das war einfach atemberaubend. Dabei starteten die "Königlichen" mit Bruckners Versionen der ersten beiden Hymnus-Verse für ihre Verhältnisse fast ein bisschen schwach. Etwas farblos mäanderten die Stimmen durch den Raum. Doch spätestens beim dritten Stück, Tomás Luis de Victorias frühbarockem "Popule meus", hatten die Sänger ihre Zuhörer am Kanthaken. Das klang innig und kraftvoll, das atmete und lebte. Und dass der Inhalt der lateinischen Texte sich außer sattelfesten Humanisten niemandem erschloss, verstärkte die Faszination der Choräle noch. Auf diesen quasi abstrakten Silben feierten die Musiker eine Art Hochamt des puren Gesangs.

Nach soviel musikalischem "Schwarzbrot" tat das weltlichere Dessert nach der Pause gut. Mit exzellent arrangierten Klassikern aus Pop und Jazz zauberten die sechs Herren Partystimmung ins ehrwürdige Gotteshaus. Und hatten ganz offenkundig selbst Spaß an clownesker Selbstironie, mit der sie die Hits von "I'm a train" bis zum "Grünen Kaktus" würzten.