Belastung der Fachmediziner kann zu Wartezeiten führen

Kreis Pinneberg. Leicht genervt reagieren Ärzte im Kreis Pinneberg auf die Ergebnisse einer anonymen Telefonaktion der AOK Rheinland/Hamburg. Bei 800 Testanrufen in Praxen hatten die AOK-Prüfer herausgefunden, dass Kassenpatienten deutlich länger auf einen Termin warten müssen als Privatpatienten. "Das ist ein altes Thema", sagte Dr. Ute von Hahn, Vorsitzende des Gesundheitsnetzes Region Wedel (GRW), dem rund 50 Mediziner angehören. Die Problematik dürfe nicht verkürzt betrachtet werden: "Sicher ist, dass jeder Mensch anständig behandelt wird, egal ob Kassen- oder Privatpatient."

"Wenn ein Hausarzt einen Patienten untersucht, die Einschaltung eines Facharztes für notwendig hält und sich dann gleich um den Termin kümmert, dann läuft das in geordneten Bahnen ab. Es geht gleich schnell und unabhängig von der Kassenzugehörigkeit", sagte Ute von Hahn und betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Hausarztes als "Lotse".

Gabriele Prahl von der Gesellschaft für Gesundheitsökonomie, die mehrere Arzt-Netze im Kreis Pinneberg berät, wird deutlicher und lastet die Problematik zu einem Gutteil den Verhaltensweisen der Patienten an. "Es ist leider so, dass viele Patienten die Freiheit der Arztwahl extrem ausnutzen. Jedermann kann sich jederzeit bei einem Facharzt einen Termin besorgen, egal, ob das wirklich notwendig ist oder nicht. Das führt zu extremer Belastung der Fachärzte." Die Fachärzte seien auf die Einnahmen der Privatpatienten dringend angewiesen, um die erheblichen Investitionen in Geräte bezahlen zu können. Insofern könne die unterschiedliche Wartezeit auf einen Termin "eingeschränkt richtig" sein. Gabriele Prahl stellt jedoch für alle von ihr betreuten Mediziner-Netze heraus: "Wer einen Facharzt braucht, bekommt sofort einen Termin."

Ähnlich äußerte sich Dr. Matthias Bauermeister, Vorsitzender des Netzwerkes Urologie Schleswig-Holstein Süd (NUSS). "Das ist ein heikles Thema. Wichtig ist: Jeder Patient bekommt die gleiche Behandlung. Bei der Therapie gibt es überhaupt keine Unterschiede", sagte er. Bei der Nachfrage nach Routineuntersuchungen "mag es hier oder dort" Unterschiede bei der Terminvergabe geben. Auch Bauermeister rät, zunächst den Hausarzt zu konsultieren.

Gabriele Prahl machte auf ein weiteres Problem aufmerksam. "Viele Krankenhäuser verschieben präoperative Leistungen in den niedergelassenen Bereich. Vor Operationen werden Patienten aufgefordert, beispielsweise Röntgenaufnahmen beizubringen. Das ist nicht korrekt. Und es ist ein weitere Grund dafür, dass die Wartezimmer der Fachärzte überlaufen."

Dr. Sönke Bergter, zweiter Vorsitzender des Pinneberger Ärztenetzes (mehr als 70 Mitglieder) und Facharzt für Allgemeinmedizin in Pinneberg, spricht von einer Gleichbehandlung aller Patienten: "Wir haben offene Sprechstunden. Da kann niemand bevorzugt werden. Nur für bestimmte Vorsorgeuntersuchungen werden Termine vereinbart. In unserer Praxis machen wir keine Unterschiede zwischen Privat- und Kassenpatient." Wenn er zudem Kollegen anriefe, um ihnen dringende Fälle zu überweisen, habe ihn noch niemand danach gefragt, wie der Patient versichert ist.