Jungfilmer Gerrit Gronau zeigt, was passiert wäre, wenn Gorbatschows Reformpolitik 1990 gescheitert wäre

Uetersen. Der Uetersener Jungfilmer Gerrit Gronau, 19, hat sein zweites großes Projekt gestartet. Nach dem Thema Nationalsozialismus greift er wieder ein geschichtlich brisantes Politik-Thema auf: die Öffnung des Ostblocks in der Zeit des russischen Präsidenten Michail Gorbatschow. Gronau zeichnet ein Szenario, bei dem die Öffnung des Ostblocks und die Liberalisierung der Wirtschaft und des politischen Systems misslingt: "Kalter Frühling" statt Glasnost und Perestroika.

Das 80-seitige Drehbuch mit 35 Szenen haben Gronau und sein Co-Autor Leif Kähler, 19, geschrieben. Beide haben kürzlich am Ludwig-Meyn-Gymnasium ihr Abitur gemacht. Als Schauspieler und Helfer für die Filmaufnahmen begeisterten sie etwa 30 Freunde, allesamt Jugendliche im Alter von 16 bis 20.

"Um es besonders authentisch wirken zu lassen, haben wir viele Bücher, Filme und Dokumentationen durchgearbeitet", erzählt Gerrit Gronau. Neben der Aufgabe des Autors übernimmt der Uetersener ebenfalls die Rolle des Regisseurs, Kameramanns, Produzenten und auch Darstellers. Gerrit Gronau will den Film selbst schneiden. Er schätzt, dass der Beitrag etwa 60 Minuten lang wird. Gezeigt wird der Film voraussichtlich im Uetersener Burg-Kino wie das Erstlingswerk "Namen in Rot", bei dem Menschen ins Visier der Nazis geraten, die ihre verfolgten jüdischen Mitbürger versteckt hatten. Abgeschlossen werden soll das Filmprojekt Anfang Oktober.

Die neue Geschichte spielt 1990: Der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ist gestürzt. Das Militär ist an der Macht und fährt einen neuen Kurs, der die beiden Supermächte UDSSR und USA wieder auseinander treibt. Die Diplomatie scheint aufgrund des wachsenden gegenseitigen Misstrauens gescheitert. Friedliche Demonstrationen im Ostblock, wie die Montagsdemonstrationen in Deutschland, werden niedergeschlagen. Es bleibt ein geteiltes Deutschland, ein geteiltes Europa und eine in zwei Lager gespaltene Welt.

Für die ersten Szenen gab Uetersens Bürgermeisterin Andrea Hansen den Ratssaal der Rosenstadt frei, die damit zur roten Stadt wird. Der getäfelte Raum dient in seinem Charme der 70er-Jahre als Konferenzzimmer für Vertreter der sowjetischen Militärdiktatur und der Regierung der DDR. "Hier werden dem Chef des SED-Politbüros die neuen Vorschläge beziehungsweise aus Moskau diktiert", verrät der Autor. "Die DDR und alle anderen Ostblockstaaten werden nun wieder verstärkt durch die Sowjets kontrolliert, weil man im Kreml aufgrund der kürzlich stattgefundenen Friedensdemonstrationen nicht glaubt, dass die Genossen in Berlin oder Warschau alleine in der Lage sind, sich dem Westen zu widersetzen."

"Kalter Frühling" wird aus zwei Blickwinkeln erzählt. Einmal aus der globalen Sicht, zu der die Konferenzszenen gehören, mit deren Hilfe die weltpolitische Lage geschildert wird. Auf der anderen Seite wird ein einzelner DDR-Bürger gezeigt, auf den diese Veränderung ihre ganz spezielle Wirkung hat, denn seine Schwester war an den Demonstrationen in Ostberlin beteiligt. So gerät auch er ins Visier der Stasi und muss mithilfe eines Freundes fliehen.

"Wir wollen zeigen, dass es heute keinesfalls selbstverständlich ist, dass wir eine so offene und relativ freie Welt haben", erzählt der Jungfilmer über seine Motivation. "Viele jungen Menschen, besonders die Generationen nach 1989/90, wozu auch wir Beteiligte gehören, kennen den Kalten Krieg und die Teilung der Welt nur aus Filmen, Büchern, dem Geschichtsunterricht oder von Erzählungen unserer Eltern. Für einige scheint es genauso weit weg wie der Nationalsozialismus oder das Kaiserreich. Weil es eben eigentlich noch nicht so weit weg ist, haben wir diese Was-wäre-wenn-Geschichte geschrieben."

Mit dem neuen Film geht der junge Uetersener seinen Weg weiter, langfristig als Autor sein Geld zu verdienen, seinen Traum zu verwirklichen.