Peter Kachel aus Rellingen hat mehr als 100 historische Behälter für Kautabak gesammelt

Rellingen. Bereits Christoph Kolumbus hatte bei seinen Entdeckungsreisen nicht nur die Tabakpflanze entdeckt und nach Europa importiert, sondern auch festgestellt, dass die Indianer Tabakkugeln kauten, die mit Muschelkalk versetzt waren. Daraus entwickelte sich der Kautabak.

Peter Kachel ist zwar in einem anderen Zeitalter als Kolumbus geboren und hat auch nie Kautabak genossen - sammelt aber seit über 40 Jahren leidenschaftlich gern Kautabaktöpfe in jeder Art und Form. Seinen ersten Kautabaktopf kaufte er auf einem Trödelmarkt für ein paar Mark. Seitdem hat der Rellinger über 100 Tabaktöpfe zu Hause stehen. Peter Kachel faszinierten schon immer die hübsch verzierten Krüge.

Aber auch die zum Teil über 100 Jahre alte Geschichte der Krüge ist für den gebürtigen Leipziger sehr interessant. Peter Kachel sagt: "Manch ein Becher stammt noch aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, in der das Tabak kauen gang und gäbe war."

Vor allem nahmen Handwerker, Fuhrleute, Seeleute, Arbeiter und Bauern den Kautabak. Historisch war die legale Droge bei Seeleuten sehr beliebt, da auf den hölzernen Segelschiffen aus Sicherheitsgründen das Rauchen verboten war. So sollten Brände an Bord vermieden werden. Die Seemannsleute konnten somit während der Arbeit "priemen". Das Wort Priem ist von dem lateinischen Wort prium abgeleitet und bedeutet Pflaume, denn in Form und Farbe gleicht der Kautabak einer Backpflaume.

Den Indianern diente der Kautabak auch als Marschverpflegung. So konnten Hunger und Durst über einen längeren Zeitraum besser ertragen werden. Heute ist Kautabak angeblich besonders beliebt bei Baseballspielern. Die Spieler priemen auf der Bank, während sie auf ihren Spieleinsatz warten, um sich abzulenken, Nervosität abzubauen, aber auch, um dem Klischee zu entsprechen.

Die Produktion der Kautabaktöpfe wurde bereits 1935 eingestellt. Die letzte Kau-, Rauch-, Schnupftabak- und Zigarettenfabrik, die noch die klassischen Töpfe herstellte, war Grimm und Triebel. Mittlerweile werden die Dosen als Antiquitäten gehandelt, sodass es für den 70 Jahre alten Kachel oftmals schwer ist, sich neue Sammlerstücke zu beschaffen. "Früher kostete mich ein Topf im Schnitt 150 Euro. Heute bekommt man sie meist nur noch ab 500 Euro aufwärts. Wenn ich Glück habe, dann finde ich noch mal einen Topf auf dem Flohmarkt. Viele Händler wissen nämlich nicht, dass die Tabaktöpfe inzwischen eine Menge Geld wert sind."

Einmal jährlich bietet sich für den Rentner in Nordhausen im Harz die Möglichkeit, sich mit Liebhabern der Kautabaktöpfe zu treffen und ihr gemeinsames Hobby zu teilen. Dies macht Peter Kachel nun schon seit fast 20 Jahren. "Es macht mir Spaß, mich mit anderen Sammlern über unsere gemeinsame Leidenschaft zu unterhalten und Erfahrungen auszutauschen."

Seine Frau teilt die langjährige Leidenschaft zwar nicht mit ihm, toleriert das eigenwillige Hobby ihres Mannes aber voll und ganz. Auch in der Küche haben über die Jahre einige Töpfe ihren Platz gefunden. Sie hat sich längst an den Anblick gewöhnt und fände die Küche ohne die Tabaktöpfe ungewohnt leer. Peter Kachel ist sehr stolz auf seine wertvolle Kunstsammlung. "Ein Kautabaktopf ist sogar noch aus der Zeit des Jugendstils um 1895." Einen Lieblingstopf hat er allerdings nicht.

Inwieweit sich die Sammlung von Peter Kachel in den nächsten Jahren noch vervollständigen wird, weiß er nicht. Doch wie Christoph Kolumbus es einst tat, wird sich auch der Rellinger wieder auf Entdeckungsreise nach einer Antiquität aus längst vergessener Zeit begeben . . .